Warum Hohenemser Ritterrüstungen etwas Besonderes sind

Ein Schlüsseldokument zur Geschichte des Adels in Vorarlberg stammt aus dem Jahr 1603.
Hohenems Mit seiner Rüstung hätte Wolf Dietrich von Hohenems (1507-1538) etwa 500 Jahre später noch locker in einem der Star-Wars-Filme auftreten können. Man betrachte einmal den Helm mit der fein gearbeiteten Augen- und Nasenpartie. „So lange man sich auf dem Pferd halten konnte, war man mit einer solchen Rüstung eine uneinnehmbare Festung“, erzählt der Kunsthistoriker Tobias G. Natter. Sie kosteten auch für damalige Verhältnisse ein halbes Vermögen und sind heute in diversen Rüstkammern zu begutachten. Jene vom besagten Wolf Dietrich befindet sich in Wien.
Aufschlussreich und höchst interessant in diesem Zusammenhang ist aber jenes prachtvoll gebundene, opulent bebilderte Sammlungsinventar, das im Jahr 1603 in Innsbruck erschienen ist. Ein „Armamentarium Heroicum“ befindet sich in einer Vorarlberger Privatsammlung. Es belegt die einstige Bedeutung der Hohenemser Grafen. Warum? Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595), Landesherr von Tirol und der österreichisch-schwäbischen Vorlande, hatte es angelegt. Der Habsburger erstellte damit eine Art Who is Who der damaligen Zeit. Man darf diesen Ferdinand II. unter die kunstsinnigen Menschen einordnen, zudem setzte er eine nicht standesgemäße Ehe mit der Augsburger Patrizierin Philippine Welser durch und ließ auf Schloss Ambras eine Sammlung, um nicht zu sagen, eine Wunderkammer, zusammentragen.
Ein Schlüsseldokument
Rund 125 Rüstungen sind in diesem Inventarbuch, sozusagen einem der ersten Museumskataloge, mit dem jeweiligen Besitzer dokumentiert. Unter den wichtigsten Feldherren in Europa und darüber hinaus befinden sich insgesamt vier Personen aus dem Hohenemser Grafengeschlecht. „Das ist eine auffallend hohe Zahl. Sie spricht davon, wie sehr die Hohenemser damals auf dem Sprung in die allererste Liga der europäischen Macht waren. Das Buch ist somit ein Schlüsseldokument zu Hohenems und der Geschichte des Adels in Vorarlberg“, erklärt Natter. Dass sich die weit verzweigte Familie mit einem engen verwandtschaftlichen Verhältnis zum italienischen Adel, zu Papst Pius IV., mit Erzbischöfen und weiteren hohen Würdenträgern zwar eine Zeitlang gut hielt, aber mit einem eher unrühmlichen Abgang in die Geschichtsbücher eingeschrieben hat, sei dabei nicht verschwiegen. Einige besondere Grausamkeiten der Gegenreformation gingen auf Kosten der Hohenemser und schließlich erwarb der Fürst von Liechtenstein einige Grafschaften der hoch Verschuldeten, bevor die männliche Linie der Familie Ende des 18. Jahrhunderts erlosch. Ihr Pech, dass Frauen damals wenig zu sagen bzw. in dieser Familie kaum Rechte hatten. In Hohenems zeugt noch der Renaissancepalast vom damaligen Repräsentationssinn.
Die vier Hohenemser, denen Ferdinand II. einst maßgebliche Bedeutung beimaß, waren jedenfalls Jakob von Ems (gest. 1512), Marx Sittich I. (1466-1533), ein Vertrauter von Kaiser Maximilian, der als Machtpolitiker mit aller Härte gegen aufständische Bauern im Schwäbischen Krieg vorging und dessen Söhne in den Reichsgrafenstand erhoben wurden. Weiters steht Wolf Dietrich von Hohenems (1507-1538) auf der Liste sowie sein Sohn Jakob Hannibal von Ems (1530-1587), der zum Grafen sowie zum Heerführer des Kirchenstaates ernannt wurde und Hortensia Borromeo, die Halbschwester des Kardinals Karl Borromäus, heiratete. Auch seine Rüstung ist besonders detailreich ausgeführt.


