Komponistin und Stimmartistin

Die in Köln lebende Bregenzerin Filippa Gojo (31) hat ihr künstlerisches Repertoire ausgeweitet.
BREGENZ, KÖLN Als Filippa Gojo mit sechs Jahren zum ersten Mal bewusst die Stimme der großen Lady of Jazz, Ella Fitzgerald, mit ihrem Scat-Gesang wahrnahm, da war es um sie geschehen. Das wollte sie auch einmal können, und damit war auch ihr Berufsziel vorgezeichnet. Inzwischen hat die Vokalistin auf CDs und Festivals mit ihren fantastischen stimmlichen Mitteln, großer Bühnenpräsenz und authentischer Ausstrahlung weitum Aufsehen erregt.
„Als Kind wollte ich tatsächlich Opernsängerin werden“, erinnert sich Filippa Gojo im Gespräch mit Silvia Thurner. „Aber nur, weil ich einen Beruf anstrebte, in dem ich den ganzen Tag singen kann.“ Nach ersten, von der Klassik geprägten Schritten in Klavier und Gesang fand sie an der Musikschule Bregenz und am Jazzseminar Dornbirn den rechten Weg zum Jazz mit seinen immensen Möglichkeiten der Improvisation. Ihr Jazzgesangstudium führte sie 2007 an die Kölner Hochschule für Musik und Tanz, bald war sie mit deutschen Jazzgrößen und Klangkörpern wie der WDR-Big-Band mitten im Geschehen. Weitere Anregungen erhielt sie 2010 bei einem Auslandssemester am „Conservatorium van Amsterdam“, 2015 gewann sie mit ihrem Quartett bereits den „Neuen deutschen Jazzpreis“. Seit 2016 lehrt Filippa Gojo als Dozentin für Jazzgesang an der Musikhochschule Freiburg.
Eigenwilliger Stil
Auf den erworbenen handwerklichen Grundlagen entwickelte sie ihren ausgeprägt persönlichen, auch eigenwilligen Kompositionsstil und ihre spezielle Ausdruckspalette, die etwa auch Sounds über das Megaphon als Stilmerkmal beinhalten. Ihre CD „Seesucht“ von 2017, als sie auch die Fördergabe des Landes erhielt, ist ein originelles Beispiel für den besonderen Umgang mit dem Bregenzer Dialekt, den sie als Singer/Songwriter in eine schillernd lyrische Palette getaucht und sich damit in Köln das Heimweh von der Seele geschrieben hat. Altes heimisches Liedgut mit Texten von Kaspar Hagen oder ein Song von Ulrich Gabriel wurden so verfremdet, dass daraus etwas originär Neues entstand. Heimischer Dialekt für den internationalen Markt – ein Experiment? Gojo: „Ich merke schon, dass der Dialekt außerhalb des Ländles tatsächlich als etwas Besonderes wahrgenommen wird. Aber das war für mich nie der Ausgangspunkt für diese Befassung, sondern mehr der Spaß an den Klängen. Das Spiel mit Vokalfärbungen, Lautmalerei und Klangforschung fand ich immer schon sehr spannend.“
Die Seele berührt
Aufmerksame Ohren vermeinen in der Musik von Filippa Gojo skandinavisch beeinflusste Elemente zu entdecken? „Vor elf Jahren habe ich an der Kölner Musikhochschule einen Workshop mit der norwegischen Sängerin Sidsel Endresen gemacht, die mich seither wie kaum jemand anders musikalisch und beruflich geprägt hat. Später bin ich dann nochmals nach Oslo geflogen, um bei ihr Unterricht zu nehmen.“ Beachtung durch die Fachpresse mit hymnischen Kritiken blieben nicht aus. „This music touched my soul“ urteilte der vielfach Grammy-nominierte amerikanische Jazz-Saxophonist Kenny Garrett, und meinte damit Stimme und Musik von Filippa Gojo. Nach Aufträgen und Auftritten für das Jazzfestival Saalfelden mit David Helbock, für das Radiokulturhaus Wien und die Philharmonie Köln in den vergangenen Jahren kam der große Lockdown. „Zunächst habe ich die Zeit mit meinem Kind sehr genossen und versucht, mir den Raum für den neuen Alltag zu geben. Doch bald fühlte ich mich als nicht systemrelevante, arbeitstätige Mutter mit all den Aufgaben überfordert. Dieses Auf und Ab später einmal musikalisch zu verarbeiten, wird bestimmt spannend.“
„Das Spiel mit Vokalfärbungen und Klangforschung fand ich immer schon sehr spannend.“
Filippa Gojo, Jazzsängerin, Komponistin
Im Herbst gibt es eine der seltenen Gelegenheiten, die Sängerin auch als Komponistin live in ihrer Heimat zu erleben. Anlass ist ein Auftrag, den sie von Klaus Christa für ein Konzert im Rahmen der „Pforte“ Feldkirch erhalten hat: „Gemeinsam mit einem Streichquartett werde ich Gedanken, Assoziationen und Bilder zum Thema des Abends, ‚Einfach lieben – Himmel und Erde zugleich‘, u. a. nach einem Gedicht von Ernst Jandl, in das Stück einfließen lassen.“ Fritz Jurmann
November, Pförtnerhaus Feldkirch: Filippa Gojo, Epos:Quartett; Generalprobe 19. November, weiteres Konzert 21. November, Frauenmuseum Hittisau.