Künstlerin Heidi Comploj: Sich verlieren in Farben, Form und Material

Kultur / 30.07.2020 • 16:00 Uhr
Künstlerin Heidi Comploj: Sich verlieren in Farben, Form und Material
Für Heidi Comploj sind auch scheinbar unbedeutende Gegenstände eine wertvolle Grundlage für ihre Kunstwerke. BI

Heidi Comploj arbeitet mit unterschiedlichsten Materialien.

NÜZIDERS Dinge zu sehen, zu hinterfragen und auch scheinbar unwesentliche Alltagsgegenstände bewusst wahrzunehmen – diese fokussierte Aufmerksamkeit wurde Heidi Comploj schon früh vermittelt: „Meine Eltern nahmen uns Kinder mit auf Ausstellungen, ihre Interessensgebiete waren sehr breit gefächert. Mein Vater war zudem von Architektur begeistert. Als die ersten Lofts entstanden, übertrug sich seine Faszination für diese Bauweise auf mich. Ich hatte immer den Wunsch, in einem Loft zu leben oder zu arbeiten.“ Vor 17 Jahren erfolgte die Umsetzung, ihr Atelier befindet sich seither in einem Loft in einem damals neu adaptierten Fabriksgebäude in Nüziders.

Ein Atelierbesuch in dem sehr großzügig angelegten und lichtdurchfluteten Raum wirkt bei Besuchern nach. Es ist ein Arbeitsraum, auf den Tischen liegen unterschiedlichste Materialien, Gegenstände und entstehende Kunstwerke, zugleich ist es aber auch ein Ausstellungsraum. Neben kleinformatigen Exponaten, fast schon Miniaturen, reihen sich größere Kunstgegenstände – jedes ausdrucksstark in sich. Harmonisch angeordnet und themenbezogen zusammengefügt bilden die Bilder und Skulpturen einen kaleidoskopischen Überblick über den künstlerischen Werdegang der vielseitigen Künstlerin. Die Überbegriffe für eine Serie sind philosophisch hintergründig, wie etwa die „Gedankenboxen“ aus Keramik. „Gedanken sind frei und auch wir Menschen haben die Freiheit, außerhalb unserer gewohnten Denkmuster zu durchbrechen“, erklärt die innovative Kunstfachfrau. Es beschäftigt sie jedoch nicht nur Umsetzung von Begrifflichkeiten: „Manchmal ist es einfach nur die Form, da muss nichts hineininterpretiert werden.“

Ihre ersten Kunstwerke entstanden aus Ton: „Die Arbeit mit Ton ist etwas ganz Intensives für die Hände und den Körper. Ich brauche Material zwischen den Fingern, diese haptische Wahrnehmung von Ausgangsstoffen und Gegenständen. Wenn ich im Atelier arbeite, bin ich immer von oben bis unten dreckig.“ Beim Arbeiten mit Ton sind es die Metamorphosen, die dieses Material durchläuft, die sie in ihren Bann zogen: „Nicht nur die wandel- und formbare Grundmasse, die durch das Brennen einen Veränderungsprozess durchläuft, sondern auch der Gegenstand, der entsteht und in unterschiedlichster Weise bearbeitet werden kann, bildet für mich immer wieder neue Herausforderung.“ Auch ihre Fotoarbeiten durchlaufen unterschiedliche Gestaltungsprozesse: „Ich benütze nur eine kleine Digitalkamera, alles muss schnell gehen. Ich will den Augenblick festhalten – und nichts Gestelltes, Steifes.“ Fotos werden geschnitten, mit dünnem Papier beklebt, kopiert, mit Öl- oder Acrylfarben bearbeitet: „Ich habe das Material und spiele damit, es ist ein langsames Entstehen.“ Ihr Spektrum an Techniken erweitert sich permanent, Kunstseminare in Deutschland, Frankreich und Österreich bieten immer wieder neue Einflüsse für ihren Schaffensprozess. Vor Kurzem erst hat sie einen Meisterkurs bei Dozent Rainer Kaiser in der Freien Kunstakademie Augsburg absolviert.

Neben Ausstellung im In- und Ausland engagiert sich Heidi Comploj auch für andere Kunstschaffende. Gemeinsam mit Isolde Adamek gründete sie 1993 den ersten Kunsthandwerksmarkt Vorarlbergs in Bludenz. Das Folgeprojekt, das mittlerweile international bekannte Ausstellungsformat Unikat B, erfolgte vor zwanzig Jahren, gemeinsam mit den Künstlerinnen Irene Gfrerer und Theresia Bickel. Mittlerweile hat sie die Leitung abgegeben, ihr Fokus liegt nun auf ihrer Kunst – und ihren Kindern und Enkeln. Dem elterlichen Vorbild folgend bringt sie ihnen auch den Bezug zur Kunst näher – in Form von Workshops in ihrem Atelier oder in Ausstellungsbesuchen: „Kunst in jeder Form bereichert das Leben.“  Monika Bischof