Ein Zeichen lebendiger Museumsarbeit

Kultur / 07.08.2020 • 21:34 Uhr
Installierung der Skulptur von Günter Blenke am Vorabend des Festes der Kulturen am 8. August in Hohenems. Sams
Installierung der Skulptur von Günter Blenke am Vorabend des Festes der Kulturen am 8. August in Hohenems. Sams

Jüdisches Museum ist gut besucht, weitere Projekte sind geplant.

Hohenems „Es gibt ein Bild von Paul Klee, das ,Angelus Novus‘ heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen, und seine Flügel sind aufgespannt“, schreibt der Philosoph Walter Benjamin (1892-1940) im Werk „Über den Begriff der Geschichte“. Das Bild hatte ihn begleitet. Die letzten Jahre seines Lebens waren von der Flucht vor den Nationalsozialisten gekennzeichnet. Als der Vorarlberger Bildhauer Günter Blenke aus einem Baumfindling, der seine Form durch einen Blitzeinschlag erhielt sowie Metallteilen ein Werk schuf, dachte Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums, unweigerlich an den „Engel der Geschichte“ von Walter Benjamin.

Die Skulptur wurde nun am Freitagnachmittag im Zentrum von Hohenems am einstigen Rand des Jüdischen Viertels aufgestellt, die Schauspielerin Brigitte Walk las dabei Texte aus Benjamins Thesen zum Begriff der Geschichte. Das Kunstwerk wird in den nächsten zwei Wochen zu besichtigen sein, der Verbleib wird diskutiert.

Fest der Kulturen

Der Termin der Aufstellung wurde bewusst gewählt, handelte es sich doch um den Vorabend zum Fest der Kulturen, das das Jüdische Museum in Zusammenarbeit mit der Stadt Hohenems, der Offenen Jugendarbeit und der Firma Collini initiiert hat. Bei der Realisierung am Samstag, 10 bis 18 Uhr, wird jeglicher Volksfest-Trubel vermieden, dafür kommt es zu echten Begegnungen. Schon im Vorfeld hatten die Menschen Stühle abgegeben, mit denen die Stadt möbliert wird und auf denen ein ruhiges Sich-Austauschen ermöglicht wird. Dazu tritt unter anderem der von Ulrich Gabriel gegründete und geleitete Kontaktchor auf, in dem Menschen, die als Flüchtlinge ins Land gekommen sind, gemeinsam mit hier Ansässigen singen und die deutsche Sprache lernen.

Hohe Museumsauslastung

Nach der coronabedingten Schließung des Museums war es sinnvoll, die Zeitzeugen-Ausstellung zu verlängern. Sie ist bis 16. August zu sehen, kommt danach etwa nach München und Berlin. Gerade in den letzten Wochen wurde wieder ein enormes Interesse am Museum festgestellt. Wie Hanno Loewy berichtet, bleiben die Besucher oft mehrere Stunden. Die nächste Ausstellung führt zu wichtigen jüdischen Persönlichkeiten der europäischen Geschichte. Dazu zählen auch Nachkommen der Hohenemser Jüdischen Gemeinde und etwa Simone Veil, Holocaust-Überlebende und Präsidentin des Europäischen Parlaments. VN-cd

Die Ausstellung “Ende der Zeitzeugenschaft?” ist noch bis 16. August geöffnet. Das Projekt “Die letzten Europäer” wird in Hohenems am 4. Oktober gestartet.