Land provoziert Veranstaltungsabsagen

Kultur / 28.09.2020 • 23:00 Uhr
Die "Woyzeck"-Premiere konnte noch vor mehr als 250 Zuschauern stattfinden, nun muss das Landestheater einen neuen Spielplan erarbeiten. <span class="copyright">Lerch</span>
Die "Woyzeck"-Premiere konnte noch vor mehr als 250 Zuschauern stattfinden, nun muss das Landestheater einen neuen Spielplan erarbeiten. Lerch

Die strikten Besucherbeschränkungen in Vorarlberg erzeugen hohe Ausfallskosten.

Bregenz, schwarzenberg Wer das große Wiener Burgtheater besucht, hat seinen Mund-Nasen-Schutz korrekt zu tragen, muss sich als Inhaber eines personalisierten Tickets ausweisen können, hat Abstände zu Mitbesuchern penibel zu wahren, darf sich in der Pause oder am Ende der Aufführung erst dann von seinem Sitzplatz erheben, wenn die Platzanweiser, die Reihe für Reihe zum Ausgang bitten, dazu auffordern und hat das Haus zügig über die jeweils angegebene Tür zu verlassen. So oder so ähnlich läuft es in allen Theaterbetrieben in Wien ab. Nach der entsprechenden Durchsage zum Verhalten in den Kammerspielen rief eine Besucherin jüngst laut: “Danke, ich halte mich an alles, aber bitte spielt wieder, lasst uns hier sein.” In Vorarlberg würde ihr das nichts nützen, zumindest nicht, wenn sie die 251. Besucherin ist. In Vorarlberg steht die Corona-Ampel genauso auf Orange wie in der Bundeshauptstadt. Während man in Wien auf die erwähnten Maßnahmen setzt, reduziert man in Vorarlberg die Besucherzahl nicht nur gemäß den Abstandsregeln, 250 gilt ausnahmslos auch in großen Räumen wie dem Festspielhaus.

„Ich weiß, dass das Publikum diszipliniert ist, trage aber mit, dass es keine Ausnahmen gibt.“

Barbara Schöbi-Fink, Landesstatthalterin

Das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) bekam die Maßnahme bereits zu spüren, wie berichtet, hat man man gerade vier Konzerte absagen müssen, das ausgearbeitete Präventionskonzept wurde plötzlich doch nicht genehmigt, obwohl die 250-Personen-Verordnung erst ab Dienstag, 0 Uhr, gilt. Die Auflagen seien schmerzlich, meinte die für Kultur zuständige Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, obwohl sie weiß, dass sich das Publikum bei Kulturveranstaltungen äußerst diszipliniert verhält, habe sie die Entscheidung der Landesregierung, keinerlei Ausnahmen zu machen, mitgetragen. Ihr sei auch nicht bekannt, dass es bei Kulturveranstaltungen zu Ansteckungen gekommen ist. Wie lange die Verordnung gilt, konnte Schöbi-Fink nicht sagen. Man werde die Infektionskurve beobachten.

Ein ziemliches Chaos

Dass auch weitere SOV-Konzerte wackeln, weil sie vor 250 Besuchern nicht finanzierbar sind, hat Geschäftsführer Sebastian Hazod bereits bestätigt. Schöbi-Fink ist mit ihm bezüglich kompletter Verschiebungen im Gespräch. Verärgerung hat die Beschränkung auch beim Concerto Stella Matutina hervorgerufen. Dessen Leiter Bernhard Lampert wurde nach seiner Bitte um Auskunft vom Amt der Landesregierung zur Bezirkshauptmannschaft und dort wieder zurück zum Land geschickt, weil sich niemand zuständig fühlte. Aus dem Chaos versucht er sich nun mit zwei Aufführungen am 4. Oktober zu retten, auf die er das Publikum verteilt. Dieses Konzept ergreift auch Roland Jörg bei den Konzerten von Dornbirn Klassik als Möglichkeit, die Alternative ist eine Absage, die sich noch ergeben kann.

Bregenzer Frühling vor dem Aus

Für das bereits in den Herbst verschobene Festival Bregenzer Frühling ist das kein probates Mittel. Man hat gut 800 Abonnenten, weiß, wie es im Kulturamt heißt, dass vier Aufführungen hintereinander keinem Tänzer zuzumuten sind, und hat die Rechtsabteilung mit der Klärung etwaiger Absagen beauftragt. Derweil ist das in Schwarzenberg vorgesehene Festival alpenarte bereits abgesagt. Wie bei der bereits vor ein paar Tagen thematisierten Schubertiade und den Bludenzer Tagen zeitgemäßer Musik sind hier auch Reisebeschränkungen ein Durchführungshindernis. Das Landestheater versucht die Diskrepanz zwischen Besucherbeschränkungen und Abonnentenzahlen mit Zusatzaufführungen zu bewältigen. Die sich, wie Intendantin Stephanie Gräve erklärt, negativ auf die Kosten auswirken.