Unterhaltendes auf der Burg Schreckenstein

Malvita
Irene Diwiak
Zsolnay
304 Seiten
Die junge Österreicherin Irene Diwiak mag es verwinkelt.
Roman Ein schlossartiges riesiges Gebäude in der Toskana ist der Schauplatz von Irene Diwiaks „Malvita“. Die verwinkelten Gänge, Räume und Stiegenhäuser haben etwas Labyrinthisches. Die junge Österreicherin Christina soll bei der Hochzeit ihrer Cousine Marietta fotografieren. Dass die Amateurfotografin dafür engagiert wird, liegt einzig und allein darin begründet, dass die dafür eigentlich Vorgesehene plötzlich unauffindbar ist. Christina reist also zu der Familie von Tante Ada, die seit ihrer Heirat mit einem reichen Italiener nur noch wenig Kontakt in ihre alte Heimat hatte. In Malvita angekommen, findet sie sich in einem bizarren Geschehen wieder, das sie befremdet. Ihre als Model arbeitende Cousine Elena holt sie zwar am Provinzbahnhof ab, gibt sich ansonsten aber unnahbar, die Tante ist exaltiert, der Onkel verschlossen und zurückgezogen.
Kafkaeske Architektur
Mit ihrem ersten Roman „Liebwies“, in dem sie zwei Künstlerinnenbiografien zu einer reich ausgeschmückten Geschichte um Unterdrückung und Emanzipation verschränkte, schaffte es die 1991 geborene und derzeit in Wien lebende Steirerin Irene Diwiak 2017 zu einer Nominierung für den Debütpreis. Mit „Malvita“ irritiert sie. Was sie als „Spiel mit Klischees“ angekündigt hat, ist in Wahrheit deren Fortschreibung. Vom italienischen Flair und der kafkaesken Architektur über die Einblicke in eine Umgebung, in der Geld keine Rolle spielt und Ausbildung und Berufswahl nebensächlich sind, bis hin zu den erniedrigenden Erfahrungen im Model-Business und in Ballettschulen – alles sieht nach Kulisse aus.
In einem Vokabular zwischen Unterhaltungs- und Kriminalroman entwirft Diwiak eine Handlung, die zunächst durchaus spannend zu werden verspricht. Alle Bewohner des Hauses scheinen Geheimnisse zu haben. Als ein Automobil-Ausflug mit ihrem schüchternen Cousin damit endet, dass in einem Bachbett die Leiche der vermissten Fotografin Blanca auftaucht, spitzen sich die Ereignisse zu. Nachdem die Polizei offenbar ihre Arbeit nicht macht, versucht sich Christina als Ermittlerin und hat auch Glück, dass Familienmitglieder ihr aus den unterschiedlichsten Gründen das Herz ausschütten und sie sich langsam, aber sicher einen Reim auf die Vorgänge zu machen beginnt. Plausibler wird das Geschehen dadurch nicht, mörderischer schon. Und die Villa Esposito wird mehr und mehr zu Burg Schreckenstein.