Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Nur nicht zu viel Bildung

Kultur / 25.10.2020 • 08:30 Uhr

Was ist es, das Vorarlberger Politiker geradezu reflexartig in eine Abwehrhaltung bringt, sobald von einer eigenen Universität für Vorarlberg die Rede ist? Und das schon seit Jahrzehnten. Bereits in den Siebzigerjahren wurde ein Vorstoß von Unterrichtsminister Fred Sinowatz (SPÖ) und dem damaligen Vorsitzenden der österreichischen Rektorenkonferenz, dem in Wolfurt wohnhaften Ernst Hiesmayr, von Landeshauptmann Herbert Kessler schroff zurückgewiesen. Kurze Zeit später, in den Achtzigern, war es wieder Kessler, der einen Versuch des Bregenzer Germanisten Walter Methlagl, über die Gründung des Franz-Michael-Felder-Archivs zumindest ein universitäres Institut der Uni Innsbruck nach Bregenz zu bringen, vereitelte. Zu groß war die Angst der Konservativen, dass mit einer Universität oder auch nur einem Institut ein anderer, kritischerer Geist im Land Einzug halten könnte. Denn das ist schon klar: Lehrende wie Lernende an einer höchsten Bildungseinrichtung verändern ein Land. Man muss nur in die Universitätsstädte in unserer Umgebung schauen. Konstanz zum Beispiel ist eine andere, eine offenere, lebendigere Stadt geworden. Dass sich damit auch das Bildungsangebot – von Veranstaltungen bis zu Buchhandlungen – verändert, ist nur logisch.

„Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Bildungsfeindlichkeit der ÖVP zeigt sich in dieser Frage nach wie vor.“

Nun hat man in Bregenz wieder diskutiert, vor Kurzem im vorarlberg museum, über die Frage „Braucht Vorarlberg eine eigene Universität?“. Und das Gespräch folgte fast punktgenau alten Mustern. Nur dass sich die Argumentation geändert hat. Das Land war bezeichnenderweise durch Wirtschaftslandesrat Marco Tittler, nicht durch Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink vertreten. Nach Tittler brauchen wir keine Uni, nur Zugang zu Forschungen an verschiedenen Institutionen. Mit einem Wort: Die Sache ist ausschließlich wirtschaftlich ausgerichtet. Naturgemäß sah auch die Rektorin der Fachhochschule Vorarlberg, Tanja Eiselen, keine Notwendigkeit, denn „ich sehe keinen Mehrwert, den wir nicht auch bieten können“. Da hat die Frau Rektorin im Unterschied zwischen Fachhochschule und Universität wohl etwas missverstanden.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Bildungsfeindlichkeit der ÖVP zeigt sich in dieser Frage nach wie vor. Man will ganz einfach keine Institution, die sich im Bildungsbereich dem Einfluss des Landes entzieht, man will keine freie Lehre und kein freies Lernen. Man hat nicht nur Angst vor Bildung, sondern nicht zuletzt vor jenen, die sie vermitteln und vertreten, vor den Professoren und Studenten. Und deshalb wehrt man seit Jahrzehnten schon den Anfängen.

Walter Fink

walter.fink@vn.at

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.