Kulturfeindlich und verstörend

Betroffene zur Problematik möglicher Zugangstestungen und Abendveranstaltungsverbote.
Bregenz, wien Sie wüsste nicht, was Abendverbote für das Infektionsgeschehen überhaupt bedeuten sollen, meint Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink im Gespräch mit den VN. Abgesehen davon, dass die Wirkung einer solchen Maßnahme nicht ersichtlich ist, würde sie sehr viele Menschen von der Teilhabe an Kunst und Kultur ausschließen. Um eventuell Ende Jänner das Haus überhaupt wieder öffnen zu dürfen, hat etwa das Vorarlberger Landestheater bereits die ersten der geplanten Aufführungen um 17 Uhr angesetzt, einige Produktionen mussten wegen des Lockdowns ohnehin schon aus dem Spielplan gestrichen werden. Wie das Publikum bzw. die Abonnenten auf solche Maßnahmen reagieren, wird sich herausstellen, völlig unklar ist, ob ihnen der Zutritt in Zukunft verwehrt werden kann, wenn sie keinen negativen Corona-Test vorweisen können. Oberstes Ziel sei es, Veranstaltungen zu gestatten, „wenn man das Virus noch nicht besiegt hat, stellt sich die Frage, wie man sie ermöglichen kann“, erklärt Schöbi-Fink. Allerdings fehle erstens die gesetzliche Grundlage für Zugangstests, deren Erarbeitung in die Zuständigkeit des Bundes fällt, und zweitens seien dann auch noch sehr viele Frage offen. Etwa was das Datum des Tests betrifft und wer den Nachweis kontrolliert.
Keine Ungleichbehandlung
Winfried Nussbaummüller, Leiter der Kulturabteilung im Amt der Landesregierung, bringt im Rahmen der Problematik von Frei- und Zugangstestungen seine Sorge zum Ausdruck, dass Kulturveranstalter gegenüber anderen Branchen wiederum benachteiligt werden. Er wünsche sich, dass die Kultur gleich behandelt wird wie alle anderen Bereiche. Es dürfe keine kulturfeindliche Priorisierung von Branchen und Veranstaltungen geben, wie es sich etwa bereits beim ursprünglich ab 18. Jänner beabsichtigten Freitesten gezeigt habe. Abgesehen davon hätten sich Kulturbetriebe sowieso nicht als Virenschleuder hervorgetan, ganz im Gegenteil, man habe sehr gute Präventionskonzepte entwickelt.
Tests sind nur Momentaufnahmen
Auch Judith Reichart, Leiterin des Kulturamts der Landeshauptstadt Bregenz, führt an, dass es ohnehin Ungleichbehandlungen gibt: „Wer definiert die täglichen Bedürfnisse des Lebens?“, fragt sie im Zusammenhang mit geöffneten und geschlossenen Betrieben. Sie gibt, abgesehen von den rechtlichen Fragen, zu bedenken, dass es größeren Kulturbetrieben wahrscheinlich eher möglich ist, Zugangstestungen vor dem Eingang zu organisieren. Fraglich sei auch, ob wirklich allen bewusst ist, dass etwa ein zwei Tage alter Test nur eine Momentaufnahme war. Es sei unabdingbar, auf strikte Abstandsregeln und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Veranstaltungen zu achten. Diesbezüglich habe sich das Theater- und Konzertpublikum bereits vorbildlich diszipliniert gezeigt. Ungeklärt sei auch das Problem der Ticketrefundierungen. Wer mit einer bezahlten Saisonkarte kommt, aber keine aktuelle Testbescheinigung hat, wolle wohl sein Geld zurück.
Zusätzliche Belastungen
Diverse Maßnahmen ankündigen, für die es die Verordnung noch nicht einmal im Ansatz gibt, das seien Mechanismen der Corona-Politik, die Veranstalter und Vereine nun bereits seit März letzten Jahres zusätzlich zu den hohen Einnahmenverlusten belasten, klagt Mirjam Steinbock, Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg.
Ein „unglaublich diszipliniertes“ sehr junges wie älteres Publikum hat Gerhard Ruiss beim letzten Theaterfestival Luaga & Losna in Vorarlberg erlebt, erzählt der bekannte Wiener Interessensvertreter. Das „Herumdoktern“ der Regierung im Kulturbereich, wo es längst kontrollierte Zugänge und Maskenpflicht, personalisierte Eintrittskarten, geschultes Personal und Besucherzahlbeschränkungen gibt, sei verstörend. Man schaffe etwa auch mit den Veranstaltungsverboten am Abend eine Ungleichbehandlung nach der anderen, die nur noch mit einer Kulturferne der Regierung zu erklären sei. Offenbar wolle man Kultureinrichtungen nicht aufsperren und Veranstaltungen nicht zulassen. Sachliche Argumente für zusätzliche Maßnahmen gibt es, so Ruiss, nicht.
„Ich wüsste nicht, was Abendverbote für das Infektionsgeschehen bedeuten sollen.“
„Ich wünsche mir, dass die Kultur gegenüber anderen Bereichen nicht benachteiligt wird.“