Weniger Geld für mehr Musik, das geht nicht
Das Land finanziert das Vorarlberger Landestheater mittlerweile mit rund vier Millionen Euro. Wer mit der Vergangenheit argumentiert bzw. die sukzessiven Budgeterhöhungen für das Haus als kulturpolitische Sonderleistung apostrophiert haben will, setzt auf ein schwaches Erinnerungsvermögen der Beobachter. Bis in die späten 1990er-Jahre gab es in Vorarlberg kein Landestheater. Das privat geführte Theater für Vorarlberg wurde bezuschusst, dafür hatte dessen Leiter Bruno Felix einen Spielplan vorzulegen, der von der Diversität her in etwa dem eines von der Öffentlichkeit getragenen Hauses entspricht, also große Klassiker ebenso zu enthalten hatte wie Zeitgenössisches und Dramen österreichischer Autoren.
Die Umstrukturierung des privaten Betriebs in ein Landestheater war eine kulturpolitische Entscheidung. Sie war richtig, weil in einem Bundesland, in dem internationale Festspiele stattfinden und in dem es ein innovatives Kulturschaffen gibt, ein solches Unternehmen nicht fehlen darf. An sich war die Entscheidung unausweichlich, denn es sollte neben einem größeren Spielplanradius auch eine professionelle Vermittlungsarbeit, Theaterpädagogik etc. geben. Sie kostet aber Geld, viel mehr Geld als man für das TfV aufgewendet hatte. Diesen Umstand nicht mit zu kalkulieren wäre blauäugig gewesen, man errechnete somit einen Stufenplan, nach dem das Budget nach und nach zu erhöhen ist.
Sich nun damit zu brüsten, dass man diesen Plan einigermaßen eingehalten hat, ist unseriös. Faktisch ist es so, dass ein vorzeitiger Stopp erfolgt ist, man rudert sogar ein paar Schritte zurück. Das Budget des Landestheaters wurde bereits von 2019 auf 2020 kaum noch erhöht und in diesem Jahr müssen Einsparungen um drei Prozent verkraftet werden. Zusätzlich zu den Einnahmeneinbußen aufgrund der Theaterschließungen.
Die generelle Kürzung des Kulturbudgets für das Jahr 2021 in Vorarlberg ist das falsche Signal. In anderen Bundesländern hat man sich für Erhöhungen entschieden. Keiner kann sagen, dass man dort von Corona weniger geplagt wäre. Während sich das Kunsthaus und das Vorarlberg Museum, also jene Häuser, die ebenfalls von den Kürzungen betroffen sind, irgendwie durchlavieren, trifft es das bereits in Schieflage befindliche Landestheater besonders hart. Was bleibt denn anderes übrig, als beim Spielplan anzusetzen? Wenn Intendantin Stephanie Gräve im Gespräch mit den VN nun festhielt, dass die jährliche Opernproduktion an sich nicht mehr finanzierbar ist und die Fakten auf den Tisch legt, gibt es sogar Zurufe, dass an einer solchen Produktion nicht zu rütteln sei. Christoph Thoma, dem Kultursprecher der ÖVP, mag man die Liebe zur Musik ja abnehmen, dass sich die Politik konkret in die Spielplangestaltung einmischt, ist in diesem Zusammenhang aber mehr als fragwürdig. Eine Musiktheaterproduktion kostet etwa drei Mal so viel wie ein Sprechtheaterprojekt. Wer sie haben will, muss auch die Finanzierung ermöglichen und sich der Konsequenzen bewusst sein, die eine Budgetkürzung nach sich zieht, der auch Thoma zugestimmt hat.
Die jährliche Opernproduktion des Landestheaters wird jedenfalls ein Verhandlungsthema. Vor dem Ausweichen zu kleineren und damit billigeren Produktionen ist dabei zu warnen. Davon auszugehen, dass das Publikum solchen Unternehmungen ebenso begeistert zuspricht wie dem großen Musiktheater, könnte in eine ziemliche Enttäuschung münden.
„Eine Musiktheaterproduktion kostet etwa drei Mal so viel wie ein Sprechtheaterprojekt. Wer sie haben will, muss auch die Finanzierung ermöglichen.“
Christa Dietrich
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