„Ein Umdenken ist angesagt“

Mit coronatauglichen Kunstkonzepten agiert Brigitte Walk gegen den Stillstand.
feldkirch Eine Idee entwickeln, ein Aufführungskonzept ausformulieren, einen Antrag stellen und auf einen Bescheid der Behörden warten – diese Mechanismen kennen freischaffende Künstler, und diese hatten sie jahrzehntelang zu berücksichtigen. In der momentanen Zeit sei das althergebrachte System allerdings weder praktikabel noch zielführend, bemerkt Brigitte Walk im Gespräch mit den VN. Von der üblichen Aufstellung – hier die Schauspieler, dort das Publikum – ist sie bereits in den Gründerjahren ihres Unternehmens Walktanztheater abgewichen. Literatur, Kunst, Tanz und Musik sollte möglichst barrierefrei zu begegnen sein. Die Aufführungsorte waren oft außergewöhnlich und hatten Kompromisse bedingt, die Qualität musste allerdings stimmen.
Innovativ und kontaktlos
Geschult im Finden von innovativen Lösungen ließ sie sich auch von Corona nicht stoppen. Im vergangenen Jahr setzte sie daher vor allem auf Aufführungen unter freiem Himmel, die zum Teil so konzipiert waren, dass sich das Publikum sogar noch mehr aus dem Weg gehen konnte als es die Behörden vorschrieben. Im vierten Monat des absoluten Stillstands, dem, wie man seit Montagnachmittag weiß, noch ein fünfter Monat folgen wird, an dem Veranstaltungen verboten sind, hat sie wiederum mehrere Projekte in petto. Eines, nämlich ein Tanzstück mit der Vorarlberger Künstlerin Silvia Salzmann, wäre so angelegt, dass sich die Akteure und das Publikum in verschiedenen Räumen befinden. Mehr noch, das Publikum würde sich nicht versammeln, sondern ohne Berührung an den Fensterfronten des Feldkircher Montforthauses vorbeigehen, hinter denen die Aufführung abläuft. Gerade die Vorarlberger Beispiele großartiger Architektur könnten vieles ermöglichen, betont sie. Ein harter Lockdown sei ein harter Lockdown, für die Zeit danach sei es aber enorm wichtig, dass sich Künstlerinnen und Künstler mit Veranstaltern und Leitern der Kulturämter in den Städten und Gemeinden zusammentun, um zu beraten, wie man die Kunst und das Publikum wieder zusammenbringen kann. „Ein Umdenken ist angesagt.“ Die Berücksichtigung von Auflagen könne schließlich nicht nur bedeuten, dass jeder zweite Sessel frei gelassen wird.
Stück zu Hannah Arendt
Sie denkt auch an einen Spaziergang durch eine Innenstadt, in der an verschiedenen Plätzen eine künstlerische Äußerung zu beobachten oder ein Text zu vernehmen ist. Es gibt Gruppierungen, die ihre Arbeiten per Video aufzeichnen und dieses dann in den wieder geöffneten Kunsthäusern oder Museen zeigen. Wer Brigitte Walk eine Zeitlang am Telefon oder im Chat hat, bekommt Konzepte für ein ganzes Dossier. Das 20-Jahre-Jubiläum des Walktanztheater will sie heuer auf jeden Fall feiern. Nachdem sie auf der Bühne an die aus Feldkirch stammende, international gefeierte und von den Nazis ermordete Tänzerin Therese Zauser (1910-1942) erinnerte oder einen Lebensabschnitt von Franziska Rosenthal in Hohenems nachzeichnete, wird sie sich der Philosophin Hannah Arendt (1906-1975) widmen. Für 22. April ist die Premiere geplant. Wenn die Regierung Kulturveranstaltungen dann immer noch verbietet, findet sie einen kontaktlosen Weg.
„Wir sollten gemeinsam beraten, wie Künstler und Publikum wieder zusammenfinden.“

Freilufttheater in Lustenau.


