Wie aus Melancholie Freude wurde

Kultur / 16.05.2021 • 21:00 Uhr
Kammerorchester Arpeggione im Rittersaal des Palastes in Hohenems. <span class="copyright">JU</span>
Kammerorchester Arpeggione im Rittersaal des Palastes in Hohenems. JU

Das Kammerorchester Arpeggione konnte endlich wieder aufs Podium.

HOHENEMS „Melancholie?“ Das hat uns in Zeiten wie diesen als Motto zum Start der neuen Saison des Kammerorchesters Arpeggione gerade noch gefehlt, da man sich zu diesem Anlass doch eher neuen Aufschwung erhoffte. Doch da die ersten beiden Konzerte mit weit optimistischeren Vorgaben ebenso der Pandemie zum Opfer gefallen sind wie im Vorjahr vier der sieben geplanten Termine, wurde nun eben das dritte Konzert „Melancholie?“ zum Saisonstart am Wochenende im Rittersaal des Palastes an den Anfang gestellt. Doch auch in diesem Thema steckt eine besondere Symbolik, denn Intendant Irakli Gogibedaschwili hat es in weiser Voraussicht mit einem Fragezeichen versehen.

Die japanische Cellistin Jing Zhan mit dem Orchester.
Die japanische Cellistin Jing Zhan mit dem Orchester.

Das kann man zunächst auf die äußeren Umstände der Aufführung beziehen, mit zwei Konzerten zu je 100 Zuhörern, mit strenger Test- und Maskenpflicht während des ganzen Konzertes ohne Pause. Trotzdem ist das Wichtigste dabei: Es kann endlich wieder live vor Publikum gespielt werden. Die Freude darüber ist nicht nur der Begeisterung der Zuhörer anzumerken, sie steht auch den Musikern, diesmal in fast reiner Streichorchesterbesetzung, buchstäblich ins Gesicht geschrieben.

Klangschönheit

Und so wird auch musiziert, mit großen Engagement, mit Bedacht auf Klangschönheit und jenem Elan, für die die Musiker des Orchesters seit jeher bekannt sind. Dabei kommt ihnen diesmal eine besondere Verantwortung zu, da sie das Programm mit großer Sicherheit fast zur Gänze ohne eigenen Dirigenten bestreiten müssen. Der eigentlich als Leiter engagierte Belgier Michael Guttman, der immerhin auf Isaac Stern als seinen Mentor verweisen kann, präsentiert sich vor allem als mitreißender Violinsolist und wird auch als fast clownesker Moderator mit der Zeit zur prägenden Figur dieses Abends. Er vermittelt damit den Zuhörern das, was sie in diesen Tagen wohl am dringendsten brauchen, nämlich gute Unterhaltung.

Der eigentlich als Leiter engagierte Belgier Michael Guttman präsentiert sich vor allem als mitreißender Violinsolist.
Der eigentlich als Leiter engagierte Belgier Michael Guttman präsentiert sich vor allem als mitreißender Violinsolist.

Auch das Programm entpuppt sich gar nicht als so trübsinnig, wie der Titel es vermuten lässt und wird zudem durch die zweite Solistin des Abends erfreulich aufgehellt. Die japanische Cellistin Jing Zhan, bei David Geringas in Berlin ausgebildet, brilliert nach einem gemeinsamen Doppelkonzert von Vivaldi in zwei Variationenwerken. Rossinis „Lacrima“ und Respighis Adagio geben ihr Gelegenheit zu wunderbar elegischem Ausdruck mit großem Ton, dazwischen trumpft sie in Spiccato-Einlagen mit technischem Können auf. Geiger Michael Guttman ergeht sich mit samtenem Sound und großer Emphase an einem dicken Paket von Popular- und Filmmusik. Dabei liegt ihm besonders die rhythmisch betonte Klangwelt des Tango Nuevo von Legende Astor Piazzolla, der heuer 100 geworden wäre. Nach einer köstlichen Tangoversion von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ als Zugabe hat das Publikum noch nicht genug, doch kurz vor 20 Uhr muss Schluss sein. Fritz Jurmann

Nächstes Arpeggione-Konzert im Palast Hohenems: 12. Juni, 19.30 Uhr („Sterne von morgen“)