„Das meiste Geld wird für monarchistisches Kulturgut aufgewendet“

Kultur / 17.05.2021 • 22:33 Uhr
Der Vorarlberger Komponist, Organist und Musikpädagoge Michael Floredo an der Orgel der Pfarrkirche in Altach. VN
Der Vorarlberger Komponist, Organist und Musikpädagoge Michael Floredo an der Orgel der Pfarrkirche in Altach. VN

Auch in seinem neuen Werk thematisiert Komponist Michael Floredo den Raubbau an der Natur.

Altach, Götzis Wie hoch das Niveau der Darbietung auch ist, die Aufführung einer Mozart-Symphonie sei immer nur ein Reproduzieren. Bei der Auswahl von Vergleichen, die man bisher bereits hat, sei der geistige Aufwand zudem gering, bemerkt Michael Floredo. Der Vorarlberger Komponist und Musikpädagoge will dabei nicht die Leistung von Künstlern schmälern, sondern, wie er in Gesprächen immer wieder betont, auf eine Unverhältnismäßigkeit in der Kulturpolitik bezüglich der alten und der neuen Musik aufmerksam machen. „Das meiste Geld wird für monarchistisches Kulturgut aufgewendet. Die eigene Zeit, die Zeit, in der wir leben, wird negiert.“

Im aktuellen Gespräch mit den VN anlässlich der bevorstehenden Uraufführung eines seiner neuen Werke ist es ihm zudem ein Anliegen, diese Unverhältnismäßigkeit auch auf die vorherrschenden Themen in der Politik zu beziehen. Die Vernachlässigung der Tatsache, dass mitten in Europa Kinder in menschenunwürdigen Verhältnissen leben müssen, kritisiert er als Abkehr von jenen christlichen Werten, die jeder Getaufte – egal welcher Konfession – zu verteidigen hätte. Floredo: „Wir leben auf einem sehr hohen technischen Niveau, aber Geist sehe ich da keinen mehr.“

Uraufführung

Am 23. Mai, im Rahmen eines Konzertes der Reihe „Musik in der Pforte“, wird sein Werk „Frühlingskreis“ für Gitarre, Flöte und Bratsche von Alexander Swete, Claudia und Klaus Christa in der Kirche St. Arbogast uraufgeführt. Der thematische Hintergrund des knapp 20 Minuten langen Stückes ist eine nahegehende Geschichte. Vor Jahrzehnten habe er sich von seinen Wanderungen in der Örfla-Schlucht zu einem Werk inspirieren lassen. Mittlerweile falle es ihm schwer, diese Gegend zu besuchen. Gut wahrnehmbar sei der dortige Raubbau an der Natur. Mit Erklärungen, dass es zu viel Windwurf gegeben habe, lasse er sich nicht mehr abspeisen, die Abholzung sei mit wirtschaftlichen Interessen zu begründen. Eine „Entehrung der Natur“ nennt er das, worauf er mit der Sprache der Musik aufmerksam machen will. Ob sein Anliegen auch vernehmbar ist? „Ja“, meint Floredo, „es spielt in diesem Fall keine Rolle, ob ich als Autor oder als Komponist etwas übermittle, wir wissen, dass Sprachinhalte auch über den Klang zu erkennen sind. Die Bilder haben wir im Kopf, je nach Vermögen oder Fantasie sind sie abrufbar.“ Dem Einwurf, dass die Musik vielleicht auch andere Assoziationen auslösen könnte, hält er entgegen, dass auch ein Buch mitunter sehr unterschiedlich interpretiert wird: „Man wird klar erkennen, dass es sich um ein Werk handelt, das von der Natur inspiriert ist.“

Symphonie für die Bruckner-Tage

Michael Floredo hat schon vor einiger Zeit seine vierte Symphonie vollendet, ein Werk für große Orchesterbesetzung, Orgel, Sopran, Chor und E-Bass, das für die Bruckner-Tage in St. Florian vorgesehen war. Aufgrund der Pandemie ist die Uraufführung um ein Jahr verschoben worden. Fertiggestellt hat er auch ein Werk für die renommierte Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager.

Als Musikpädagoge hat auch er in den letzten Monaten mit seinen Schülerinnen und Schülern nur digital kommunizieren dürfen. Dass wesentliche Inhalte auf Distanz nicht zu vermitteln sind, war ihm von vornherein klar, es habe sich für ihn aber bestätigt, was an sich erschreckend sein müsste, denn schon das Wissen eines HTL-Schülers reiche aus, um an durchaus sensible Daten zu kommen. VN-cd

„Wir leben auf einem sehr hohen technischen Niveau, aber Geist sehe ich da keinen mehr.“

Zur Person

Michael Floredo

Geboren 1967 in Hohenems

Ausbildung Studienaufenthalt in St. Florian bei Augustinus Franz Kropfreiter; studierte Komposition bei Gerold Amann am Landeskonservatorium

Tätigkeit Organist, Komponist, Pädagoge

Auszeichnungen u.a. Internationaler Bodenseepreis für Komponisten, Österreichisches Staatsstipendium für Komposition, Kompositionspreis des Landes Vorarlberg, Preisträger der Päpstlichen Akademien

Wohnort Altach

Aufführung „Frühlingskreis“ von Michael Floredo, 23. Mai, 17 Uhr, Kirche St. Arbogast in der Reihe “Musik in der Pforte”.