Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Was ist los in Österreich?

Kultur / 04.06.2021 • 18:20 Uhr

Man möchte, wie bei Shakespeare in „Hamlet“ auf Dänemark bezogen, die Feststellung treffen: „Etwas ist faul im Staate Österreich.“ Die immer offensichtlicheren Fehlleistungen – um es freundlich auszudrücken – in höchster Politik und Beamtenschaft füllen täglich die Schlagzeilen. Nicht nur der Medien in Österreich, sondern auch im Ausland, besonders im benachbarten Deutschland. Und so mag man trotz endlich genehmigter Grenzöffnungen gar nicht so gerne in die anderen Länder fahren, denn man wird immer wieder auf die „unsittlichen Verhältnisse“ in Österreich angesprochen.

Es gibt so viel Kritik, dass man kaum mehr weiß, wo man anfangen soll. Da war zum Beispiel Anfang des Jahres der Rücktritt der Familien- und Arbeitsministerin Christine Aschbacher, die gehen musste, weil sie ihre Doktorarbeit an der Universität in Bratislava (!) streckenweise aus fremden Arbeiten kopiert hat. Auch in ihrer Diplomarbeit wurden ihr „Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse“ vorgeworfen. Dann gab es die Einvernahmen von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel im Ibiza-Untersuchungsausschuss, in denen sich der Kanzler 29 Mal „nicht erinnern“ konnte, der Finanzminister gar 86 Erinnerungslücken aufwies. Und nun ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Beim Finanzminister hat die WKStA Hausdurchsuchungen durchgeführt, sein Handy wurde beschlagnahmt, sein Laptop konnte nicht gefunden werden, weil seine Frau „gerade mit ihm spazieren gegangen“ sei. Viele Dinge gäbe es noch aufzuzählen, doch sei nur noch auf den letzten Akt hingewiesen: Nun gibt es Ermittlungen gegen die Abgeordnete Michaela Steinacker wegen Korruptionsvorwürfen, zusätzlich steht der ehemals höchste und gefürchtete Beamte des Innenministeriums, Christian Pilnacek, vor der endgültige Abberufung, nachdem er bereits vom Dienst suspendiert wurde. Und krumm scheint auch die Bestellung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der Österreichischen Beteiligungs AG gelaufen zu sein. Allen ist eines gemeinsam: Sie gehören dem engsten Kreis der türkisen ÖVP-Regierungsmehrheit unter Sebastian Kurz an.

Vieles ist also faul im Staate Österreich. Und da fällt einem wieder einmal der frühere Bundespräsident Rudolf Kirchschläger ein, der bei der Eröffnung der Welser Messe 1980 sagte: „Meine Lebenserfahrung sagt mir: Sumpfblüten können unauffällig nur in einem Sumpf leben. Beginnen wir also mit dem Trockenlegen der Sümpfe.“ Im österreichischen politischen Sumpf gäbe es auch heute viel zu tun.

„Man mag trotz endlich genehmigter Grenz­öffnungen gar nicht so gerne in die anderen Länder fahren, denn man wird immer wieder auf die ,unsittlichen Verhältnisse‘ in Österreich angesprochen.“

Walter Fink

walter.fink@vn.at

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.