Qualitätsbewusstsein ist gefordert

Kultur / 05.08.2021 • 18:44 Uhr
„Zeitklang im Museum“ mit dem Wiener Concert-Verein unter Ziv Cojocaru. JU
„Zeitklang im Museum“ mit dem Wiener Concert-Verein unter Ziv Cojocaru. JU

Der Wiener Concert-Verein ließ als Kammerorchester im Vorarlberg Museum viele Wünsche offen.

BREGENZ Die Absicht der beiden Veranstalter, Vorarlberg Museum und Gesellschaft für zeitgenössische Musik, ist lobenswert. Mit jährlich zwei Konzerten der Reihe „Zeitklang im Museum“ während der Festspielzeit schufen sie heuer zum fünften Mal österreichischen und speziell Vorarlberger Komponisten Podien. Während der erste Abend mit kleinen Kammermusikbesetzungen des Wiener Concert-Vereins durchaus den Erwartungen entsprach, vermisste man beim zweiten mit dem bis zu 20-köpfigen Kammerorchester unter dem israelischen Dirigenten Ziv Cojocaru dieses Qualitätsbewusstsein ebenso wie eine strengere Auswahl der aufgeführten Werke. Auch dass die ersten beiden Stücke rasch abgespult werden mussten, damit ein Drittel der Musiker als Wiener Symphoniker noch den „Rigoletto“ erreichte, ist einer seriösen Konzertdarbietung nicht würdig.

„Warnung an die Reichen“

Nach „kraut und rüben“ von Matthias Kranebitter, einem der radikalsten österreichischen Komponisten mit starker Neigung zur Elektronik, kam der in Altach lebende Michael Floredo zu Wort. Er hat für diesen Anlass sein Werk „Warning to the rich“ („Warnung an die Reichen“) von 2002 neu überarbeitet und zur Diskussion gestellt. In seiner bekannt gesellschaftskritischen Denkweise bezieht er sich mahnend und durchaus auf der Höhe der Zeit auf den Jakobusbrief aus dem Neuen Testament, in dem es heißt „Der Lohn, den ihr euren Arbeitern vorenthalten habt, schreit zum Himmel!“ Das stark rhythmisch geprägte, dramatisch fesselnde Werk ist ein zeitloses Stück Neuer Musik, das ohne Jahrgangspunze auskommt. Die Aufführung krankte deutlich an der mangelhaften Präzision des Orchesters, geriet immer wieder außer Tritt und trübte damit empfindlich die Wirkung der Werkaussage.

Altbacken

So aktuell Floredos Stück noch heute wirkt, so altbacken kam das folgende Flötenkonzert des Oberösterreichers Helmut Schmidinger daher, „Das ist alles Windhauch und Luftgespinst“ nach den Büchern des Predigers Kohelet. In fünf „Fantasien“ hatte er dem virtuos und überlegen agierenden Flötisten Erwin Klambauer reichlich Material zur Entfaltung gegeben. Eine solche „Fantasie“ jedoch hätte durchaus genügt, denn danach war es aus mit der Fantasie des Komponisten und seine etüdenhaften Phrasen wiederholten sich ständig, und das eine halbe Stunde lang. Auf den Schluss des liturgischen Requiems, „in paradisum“, („Ins Paradies“), bezog sich der in Vorarlberg aufgewachsene und in Innsbruck lebende Ralph­ Schutti. Er arbeitet mit dichten Streicherklängen und Reibungen, die sich wie von selbst ergeben und deshalb logisch scheinen. Beklemmende Wirkung um die letzten Dinge erzielte er mit dem Schluss, bei dem die Instrumente nach und nach verstummen und nur noch der Kontrabass vor sich hin grummelt. Schließlich steht noch eine Uraufführung an, ein durchaus positiv gestimmter „Ausblick für Streichorchester“ der bulgarischen Komponistin Dana Cristina Probst. Auch dieses Werk hätte durch zusätzliche Probeneinheiten noch einiges an Feinschliff vertragen, um über das rein Technische hinaus seine angestrebte Klarheit und Schönheit zu entfalten.