Als das Reisen noch gebildet hat

Kultur / 19.08.2021 • 18:27 Uhr
Das Bildnis „Graf Fries“, 1787 von Angelika Kauffmann, und eine Reisegesellschaft von Martin Knoller, 1758, verweisen auf das Thema. museum, VN/CD
Das Bildnis „Graf Fries“, 1787 von Angelika Kauffmann, und eine Reisegesellschaft von Martin Knoller, 1758, verweisen auf das Thema. museum, VN/CD

Angelika Kauffmann Museum widmet sich der Grand Tour, das heißt, der besonderen Berühmtheit der Malerin.

Schwarzenberg Wer kein Geld hatte, aber Auslandserfahrungen machen wollte, unternahm eine Pilgerreise, wer begütert war, begab sich auf die sogenannte Grand Tour bzw. Kavalierstour. Was der Vorarlberger Maler Bartle Kleber (1884–1953) auf seinem kostengünstigen Trip nach Israel erlebte, hat er in einem Tagebuch festgehalten, dem das Angelika Kauffmann Museum vor zweieinhalb Jahren eine Ausstellung widmete. Die Räumlichkeiten im adaptierten Bregenzerwälderhaus in Schwarzenberg sind in den Sommermonaten, in denen der Ort auch von Schubertiadegästen und Erholungssuchenden aus vielen Ländern frequentiert wird, mit wechselnden Schwerpunkten der Namensgeberin gewidmet. Das heißt, der Malerin Angelika Kauffmann (1741-1807), deren Vater von hier stammte, die zeitlebens in Kommunikation mit der Verwandtschaft stand und von der ein Früh- und ein Spätwerk in der Pfarrkiche zu sehen sind.

Treffpunkt

Mit „Nach Italien!“ ist die von Thomas Hirtenfelder kuratierte, noch bis 31. Oktober zu sehende Ausstellung betitelt. Die Sehnsucht oder Abenteuerlust der Menschen mag bei der Wahl mitgeschwungen sein, konkret sind die erwähnten, fast Initiationsriten gleichkommenden Bildungsreisen im 18. und 19. Jahrhundert gemeint sowie ein Beleg für das Renommée der Malerin. Ihr Atelier in Rom – in der Nähe der Spanischen Treppe – war eine wichtige Adresse, ein Treffpunkt für Reiche, Wissbegierige und Wissende. Nicht erst Goethe, der die Kauffmann dort besuchte, von ihr auch Unterweisungen in der bildenden Kunst erhielt und porträtiert wurde, hat es dazu gemacht, mit den Geistesgrößen ihrer Zeit hatte die Kauffmann schon in London Umgang. In Rom war ihre Bekanntheit schon so groß, dass Vertreter von Fürsten- und Königshäusern oder die Gekrönten selbst Kontakt aufnahmen. Meist um Gemälde in Auftrag zu geben, wie das bei der Fürstin Katharina Petrovna Bariatinskaja der Fall war. Das Bildnis mit der Familie befindet sich im Puschkin-Museum, das Vorarlberg Museum hat sich die Pinselskizze gesichert, die mittlerweile auch schon einen ziemlichen Wert darstellt, und nach Schwarzenberg entlehnt.

Porträtkunst

Im Fokus steht selbstverständlich ein Original, das nicht besser gewählt sein könnte, vereint das Bildnis „Joseph Johann Graf Fries“ aus dem Jahr 1787 doch alle Themen, die hier zur Sprache kommen. Die Leihgabe aus dem Wiener Belvedere verdeutlicht die reife Porträtkunst der Malerin ebenso wie den Repräsentationswillen der jeweiligen Person, und zudem kommt die Begeisterung für die Antike bzw. Italien zum Ausdruck. Weitere Besucher wie der Wissenschaftler Johann Joachim Winckelmann oder der Altertumsforscher Johann Friedrich Reiffenstein sind zumindest mit Radierungen vertreten. Weitere Originale wie ein Selbstbildnis im Alter, Fürsten- und Fürstinnenporträts aus einer Privatsammlung und das bekannte Bacchus-und-Ariadne-Bildnis aus dem Jahr 1764 zeugen von der Qualität der Arbeiten. Schon 1762 erlangte Angelika Kauffmann in Bologna ein Diplom. Dass es sich um eine Signora handelte, der hier ein gutes Zeugnis ausgestellt wurde, hat man nachdrücklich eingefügt. Die Kauffmann hatte sich in einem von Männer besetzten Metier zu bewähren. Die Italienbilder, die das Thema ergänzen, stammen von Kollegen, sind eher illustrierend, berühren nicht die Genderthematik, die ausstellungstechnisch auch längst abgehakt wäre.

Als das Reisen noch gebildet hat

Geöffnet ist die Ausstellung „Nach Italien!“ bis 31. Oktober im Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg, Di bis So, 10 bis 17 Uhr. Ein Katalog liegt auf.