Eine unübersehbare Botschaft

Kultur / 30.08.2021 • 19:00 Uhr
Das Bregenzer Rathaus wurde mit feministischer Kunst von Katharina Cibulka umhüllt. VN/Hartinger
Das Bregenzer Rathaus wurde mit feministischer Kunst von Katharina Cibulka umhüllt. VN/Hartinger

Feministische Fassadenkunst am Rathaus Bregenz soll zum Diskurs anregen.

Bregenz Vor wenigen Wochen fand im Bregenzer Rathaus die erste gleichgeschlechtliche Hochzeit statt. Für Bürgermeister Michael Ritsch, der selbst ein Tränchen verdrückt habe, war dies ein historischer Tag. „Diese Hochzeit war ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Es ist höchste Zeit, dass gleichgeschlechtliche Ehen Normalität werden.“ Gleichberechtigung werde in Bregenz nicht nur in der Verwaltung („von sieben Abteilungsleitern stehen fünf Frauen an der Spitze“), sondern auch im Kultur- und Kunstbereich gelebt. Ein wichtiges und vor allem unübersehbares Zeichen setzen soll das neue „Kunst am Bau“-Projekt, das im Zuge des Umbaus und der Sanierung des Bregenzer Rathauses entstanden ist.

Von Hand gefertigt

„Solange Gleichstellung nicht deine Lieblingsstellung ist, bin ich Feminist:in“. Diese Aufschrift aus pinkem Tüll ist derzeit auf dem Staubschutznetz an der eingerüsteten Fassade des Rathauses zu lesen. Die Installation ist eine weitere Ausgabe des seriell angelegten Kunstprojekts der Tiroler Künstlerin Katharina Cibulka, die nach erfolgreichen Projekten in ganz Österreich sowie in Italien, Slowenien und Marokko ihre Baustellen-Kunst erstmals in Vorarlberg zeigt. Ausgewählt wurde der Slogan für das Bregenzer Rathaus von den Jurymitgliedern Daniela Egger (Autorin und Kuratorin), Stefania Pitscheider Soraperra (Direktorin Frauenmuseum Hittisau) und Jürgen Weishäupl (Kulturmanager). 

Ihre im traditionellen Kreuzstich von Hand gefertigten „Solange“-Sätze sollen auf nach wie vor bestehende Missstände aufmerksam machen. „Mit diesen Kunstprojekten möchten wir zeigen, dass wir im öffentlichen Raum angekommen sind und endlich Gleichberechtigung und Gleichstellung wollen“, sagt Cibulka, die sich seit 2018 in ihrer Arbeit „Solange“ gemeinsam mit einem Team mit den Themen Gleichberechtigung, Gemeinschaft und Feminismus auseinandersetzt. „Mit den Installationen, die zwischen 200 bis 400 Quadratmetern groß sind, können wir zeigen, dass wir gehört und gesehen werden wollen.“ Cibulka möchte mit ihrer Kunst den Begriff Feminismus befrieden und diesen mit einer Prise Humor versehen. „Wir texten sehr sensibel. Dabei ist es uns wichtig, dass die Slogans frei von Anklage sind“, unterstreicht die Künstlerin.

Mit Humor und einer gewissen Doppeldeutigkeit wolle man auch die Männer mit ins Boot holen. „Nur dann, wenn wir alle gemeinsam an diesem großen Projekt Gleichberechtigung arbeiten, werden wir in einer friedlichen Gesellschaft leben.“ Ziel der Künstlerin ist es, generationenübergreifend zum Diskurs anzuregen.

„Wichtige Entscheidungen“

Ihre „Kunst im öffentlichen Raum“-Installationen sieht Katharina Cibulka nie losgelöst vom Kontext des Gebäudes und der Location. „Ein Rathaus ist ein Ort, an dem man sich Rat holen kann, gleichzeitig ist es ein Haus, in dem wichtige Entscheidungen für die Zukunft geplant und gefestigt werden. Insofern eignet sich das Gebäude sehr gut“, freut sich die Künstlerin.

Initiiert wurde das Projekt von der neuen städtischen Dienststelle „Frauenservice, Gleichstellung, LGBTIQ+ und Integration“. In einem breit angelegten Beteiligungsprozess habe man die Wünsche der Bürger an die neue Dienststelle erhoben, die Basis für die zukünftige Arbeit werden sollen. „Es ist uns wichtig, einen Dialog zu starten. Wenn wir ins Gespräch kommen, bewegt sich etwas“, sagt Vizebürgermeisterin Sandra Schoch. Man wollte auch deutlich machen, dass feministische Forderungen keine Frauen-, sondern gesellschaftspolitische Themen sind. Daher sei das Rathaus prädestiniert für diese Installation. „Wir möchten aufzeigen, dass das Thema uns alle betrifft, nicht nur als Stadt, sondern jeden Bürger und jede Bürgerin.“ VN-TAS

„Wir texten sehr sensibel. Es ist uns wichtig, dass die Slogans frei von Anklage sind.“

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