“Jeder noch so kleine Schritt ist wichtig”

Kultur / 17.10.2021 • 19:46 Uhr
Der Künstler arbeitete im Atelier der Stadt.

Der Künstler arbeitete im Atelier der Stadt.

Im Magazin 4 wurde über Wochen über ein Ethosbudget und schönes Geld gesprochen. Die Fortsetzung folgt.

Bregenz In kleineren Einheiten schaffen wir mehr und grundsätzlich zähle sie auf die aufgewachten jungen Menschen, erklärte Hildegard Breiner, die seit Jahrzehnten bestens bekannte Vorarlberger Umweltaktivistin. Es gehe ihr um den Umweltschutz und das leistbare Wohnen, hielt eine Schülerin fest. Außerdem sollte es mehr Kulturangebot für junge Menschen geben, so dass sie auch Lust haben, im Land zu bleiben. Und dann steht da auch noch der Satz, dass man an sich nur die in Steuerparadiesen versteckten Milliarden zurückholen müsste. Die Statements finden sich neben vielen anderen auf der Internet-Plattform kreissaal.jetzt, die der aus Vorarlberg stammende Künstler tOmi Scheiderbauer eingerichtet hat. Sie bleibt, der Raum, in dem Menschen, die in verschiedenen Bereichen tätig sind (darunter Kunst, Kunstvermittlung, Bildung, Integration, Kreativszene, Politik) seit 17. September diskutiert haben, ist mittlerweile geschlossen.

Niederschwelligkeit

Als Leiterin des Bregenzer Kulturservice hat Judith Reichart damit im Magazin 4 ein Projekt ermöglicht, das einerseits wie ein Ausstellungs- und Aufführungspodium funktionierte und andererseits auch unter reger Teilnahme Debatten förderte, die man in Vorarlberg, im Bundesland ohne Universität, vermisste. Wer dies bezweifelt, lese die Einträge, deren Inhalte sich auch in Fachliteratur zu Philosophie und Ökonomie finden, die hier aber direkter formuliert werden konnten. Ganz dem Prinzip der Niederschwelligkeit und Diversität entsprechend, die der Künstler anstrebte. Was aber folgt nun, nachdem tOmi Scheiderbauer, der international anerkannte, interdisziplinär arbeitende Künstler, unter anderem kundtat, ein Ethosbudget generieren zu wollen, also schönes Geld zu beschaffen, das im Sinne des Gemeinwohls ausgegeben wird? Das sei noch vage, erklärt er im Gespräch mit den VN, aber genau das verdeutliche auch die Komplexität des Projekts und verleihe ihm Glaubwürdigkeit.

Fortsetzung im schulischen Umfeld

Ein paar konkrete Anzeichen für eine Weiterführung außerhalb der Internet-Plattform gibt es. Nachdem Sabine Benzer, Geschäftsführerin im Feldkircher Theater am Saumarkt und aktive Kulturvermittlerin, den Kreissaal im Magazin 4 mit mehreren Schülern besuchte, wurde entschieden, dass man ein solches Podium nun im schulischen Umfeld einrichtet. tOmi Scheiderbauer liefert dazu die Basisvorgaben. Eine weitere Anfrage kam vom Flüchtlingshilfswerk in Zürich, das sich an den Ideen orientieren will. Außerdem ist Scheiderbauer im Jänner wieder in Vorarlberg. Bis dahin werden weitere Argumente verschriftlicht und geordnet. Er habe wichtige Kontakte geknüpft und gerade die stattgefundenen Dialoge bilden für ihn die Basis, aus der Kunst entstehen könne, resümiert Scheiderbauer die Veranstaltung.

Faire Löhne

Wie Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink den VN bestätigte, soll im kommenden Jahr wieder eine Kulturenquete stattfinden und die Kulturstrategie evaluiert werden. Themen, die im Magazin 4 angesprochen wurden, werden wohl auch in diesem Rahmen im Fokus stehen. Konkret geht es um die faire Bezahlung von Menschen, die im Kulturbereich tätig sind. Sie ist nicht gewährleistet.

Dieses Thema griff auch Bella Angora in ihrer Performance auf, die am Samstagabend zur Aufführung kam. Ausgehend von einer für diese Kunstform typischen Aneinanderreihung von Begriffen wie Miteinander, Mitmachen und Mitbestimmungsrecht, entstand ein von Musik und Tanz begleitetes Stück, mit dem die Vorarlberger Künstlerin sehr gezielt und mit einem wirkungsvollen Effekt auf die Beziehung zwischen Akteuren und Publikum anspielte, in der das feudalherrschaftliche Prinzip mitunter noch mitspielt. Auf der einen Seite befindet sich der Kreative, auf der anderen der Konsument, der bespaßt oder ergriffen gemacht werden will. Unsere Zeit schreie nach Veränderung, meinte sie im anschließenden Gespräch mit den VN. Was die Güter- und Machtverteilung betrifft, sehe sie zwar schwarz, aber „jeder noch so kleine Schritt ist wichtig“.

„Was folgt, ist zwar vage, aber das zeigt die Komplexität des Projekts und macht es glaubwürdig.“

tOmi Scheiderbauer im Magazin 4.

tOmi Scheiderbauer im Magazin 4.

Szene aus der Performance von Bella Angora. mistura, sams, mittelberger
Szene aus der Performance von Bella Angora. mistura, sams, mittelberger