Von der Leistung gewichtiger Worte

Kultur / 24.10.2021 • 19:42 Uhr
Von der Leistung gewichtiger Worte
“Meine Kolumnen sind kleine Geschichten”, sagte Monika Helfer.

Leistung war das Thema der zweiten Kolumination auf dem Säntis.

Schwägalp Wie schwer wiegen Worte? Im Fall von Axel Hacke sind es seit Freitagabend rund 15 Kilogramm. So viel bringt die Skulptur auf die Waage, die dem Münchner Kolumnist, Journalist und Autor für sein langjähriges Schaffen überreicht wurde. Er ist nach Beat Kappeler der zweite Preisträger der Kolumination, dem Festival der Worte auf dem Säntis. Dabei sieht der Welt- und Selbstbeobachter seine Aufgabe darin, Woche für Woche aus dem Schweren etwas Leichtes zu machen. Die gewichtige Knoten-Skulptur von Herbert Meusburger mal ausgenommen. Diesem eine erträgliche Leichtigkeit des Seins zu verpassen, wäre allein schon deshalb hilfreich, um sie von der Bergstation mühelos nach München transportieren zu können. Ansonsten werden die 2502 Höhenmeter und die rund 260 Kilometer zum echten Kraftakt. Oder einfach nur dem Thema der Veranstaltung gerecht, das 2021 die Leistung in den Mittelpunkt stellt.

Leistung, Leistungsdenken, Leistungswille, Leistungsdruck, dafür steht auch die Kolumne, wie es Publizist und Kolumnist Rainer Hank erklärt: „Der Kolumnist muss immer pünktlich liefern. Der Leser ist es gewohnt, die Kolumnen immer am selben Ort zur selben Zeit zu finden.“ Zustimmung. Applaus. Obwohl im Sprachfeuerwerk, das Birgit Schmid, Tamara Wernli, Jan Fleischhauer, Eleonore Büning oder Matthias Flückinger abfeuerten, schnell klar war, dass darunter auch etwas ganz Individuelles, ja Persönliches zu verstehen ist. Etwa wenn man plötzlich wegen der Live-Übertragungen vor 200.000 Menschen lesen sollte. „Ich malte mir grauenhafte Szenen aus – was ist, wenn mir aus dem Mund gelbe Papageien fliegen statt Wörter“, erzählt die Bachmann-Preisträgerin des Jahres 2018, Tanja Maljartschuk.

Knapp 700 Kolumnen

Ganz anders bei Monika Helfer. Die VN-Kolumnistin stellt gleich klar: „Meine Kolumnen sind kleine Geschichten. Ich beobachte Leute.“ Knapp 700 Mini-Texte sind inzwischen erschienen, zwei davon las sie vor. Sehr blaue Augen und Quarz entsprachen exakt dem, was die Kolumination sein soll: ein vergnügtes Lesen, Lauschen und Lachen. Darauf hätten die Zuhörer allerdings fast verzichten müssen. Denn die Hohenemser Schriftstellerin rückte auf die Shortliste des Deutschen Buchpreises vor und damit unter die letzten sechs, die sich Hoffnung auf den begehrten Literaturpreis machen durften. Was für ein einmaliges Geburtstagsgeschenk wäre es für die 74-Jährige gewesen, wenn die Entscheidung am vergangenen Montag zugunsten ihres Werkes „Vati“ gefallen wäre.

Großartiger Erfolg

Allerdings hätten die Zuhörer der zweiten Kolumination auf Monika Helfer verzichten müssen. Sie wäre dann auf der Frankfurter Buchmesse geblieben. „Ich bin gerne hier“, sagt Helfer leise, lächelt und bezeichnet ihren Erfolg dennoch zu Recht als großartig. Schließlich bringt das Jahr 2022 eine neue Chance. Am 24. Jänner erscheint mit „Löwenherz“ der dritte Band der Familien-Trilogie. Man darf also gespannt sein. CRO

Jurypräsident Gerhard Schwarz, Preisträger Axel Hacke und Beat Kappeler.
Jurypräsident Gerhard Schwarz, Preisträger Axel Hacke und Beat Kappeler.
Literarisches Gipfeltreffen: Die Koluministen und Slammer auf dem Säntis. Veranst., Frei
Literarisches Gipfeltreffen: Die Koluministen und Slammer auf dem Säntis. Veranst., Frei