Beethoven von frühester Jugend an

Kultur / 05.02.2022 • 18:00 Uhr
Beethoven von frühester Jugend an
Als Klaviersolistin und Kammermusikerin pflegt Anna Adamik in internationalen Konzerten und CD-Einspielungen zudem ein breites Repertoire von der Klassik bis zur Neuen Musik. Richard Mayer

Als Präsidentin der Chopin-Gesellschaft Vorarlberg sieht sie sich als Vermittlerin großer Kunst.

FELDKIRCH Die gebürtige Ungarin kam nach ihrer Ausbildung 1997 nach Feldkirch, wo sie seither erfolgreich eine Klavierklasse am Landeskonservatorium leitet. Als Klaviersolistin und Kammermusikerin pflegt Anna Adamik in internationalen Konzerten und CD-Einspielungen zudem ein breites Repertoire von der Klassik bis zur Neuen Musik.   

Sie haben sich im Frust des ersten Lockdowns besonders intensiv mit Beethoven befasst, inzwischen ist daraus eine CD entstanden.

Eigentlich war beim Bodensee-Festival am Konservatorium ein Konzert mit meinen Kollegen Gerhard Vielhaber und Benjamin Engeli mit den letzten drei Beethoven-Sonaten geplant. Ich sollte die vorletzte, Opus 110, spielen. Und als das dann wegen Corona abgesagt wurde, da war ich so frustriert, dass ich das für mich dokumentiert haben wollte, damit es nicht verloren geht. Ich hatte ja Zeit. So habe ich den Markus-Sittikus-Saal Hohenems mit dem dortigen wunderbaren Steinway gemietet und das mit Tonmeister Markus Brändle für eine CD eingespielt, die bei „Antes – Bella Musica“ erschienen ist, mit durchaus positiven Reaktionen.

Beethoven steht ja sehr lange schon im Zentrum Ihrer künstlerischen Beschäftigung?

Beethoven hat in meiner Jugend, so ab 14, eine unglaublich große Rolle gespielt. Ich habe während meines Studiums in Budapest Feuer gefangen, ganz viele Sonaten von ihm zu lernen, und diese Begeisterung hält bis heute an. Beethoven bleibt immer zeitgemäß und spricht zu den heutigen Menschen. Gerade in der Pandemie sind es die Themen Einsamkeit, Krankheit, Liebe und Tod, die er in seiner Musik anspricht. Die Beschäftigung mit der Seele des Menschen ist besonders in der „Sturm“-Sonate op. 31, die ich zusammen mit der Sonate op. 110 eingespielt habe, sehr ausgeprägt.

Ihre Anfänge hätten uns interessiert – warum ist es bei Ihnen gerade das Klavier geworden?

Ich stamme aus einer Lehrerfamilie in Budapest und war im Kindergarten ein sehr lebhaftes Kind. Deshalb haben mich die Eltern in die Musikschule gegenüber geschickt, wo eine nette junge Lehrerin mit mir musikalische Früherziehung gemacht hat. Sie hat schon nach ein paar Monaten gesagt: Du spielst Klavier! Und so war es dann auch, und sie blieb acht Jahre lang meine erste Klavierlehrerin, weil ich das auch sehr gerne gemacht habe. 

Inzwischen leiten Sie eine Klavierklasse am Konservatorium. Tun Sie das auch so gern?

Ja, ich mache das mit Begeisterung, und das Unterrichten hat heute absoluten Vorrang in meinem Leben. Das ist ein ständiger Austausch, ein Geben und Nehmen in einer laufenden Entwicklung. Ich habe eine sehr gute Klasse mit begabten jungen Leuten, trotzdem braucht es viel Disziplin. Auch für mich zum Üben, damit ich auch meine eigenen Konzerte noch spielen kann.

Wie war Ihr Unterricht in der Coronazeit, gab es viel Distance Learning am Klavier?

Ich hatte das Glück, dass im Konservatorium hauptsächlich Einzelunterricht stattfindet und es möglich war, den Präsenzunterricht bei Test und Maskenpflicht durchzuführen. Wir haben auch ein paarmal Distance Learning gemacht, die technischen Mittel heute lassen hier einen relativ befriedigenden Musikunterricht zu.

2001 sind Sie hier dem aus Offenburg stammenden Cellisten Martin Merker als Duo-Partner begegnet, seit 2015 sind Sie ein Paar. Verstehen Sie sich im Leben so gut wie auf der Bühne?

Ja, absolut! Wir harmonieren menschlich und künstlerisch sehr gut miteinander. Es ist eine große Freude für mich, mit Martin zu musizieren. Er ist unglaublich kreativ und fantasievoll, das inspiriert einen natürlich. Neuerdings musizieren wir sogar als Familie zusammen, mit meinen Töchtern aus erster Ehe – der Cellistin Julia Scheurle und der Mezzosopranistin Corinna Scheurle, derzeit am Opernhaus Nürnberg –, Martin Merker und ich. Wir haben ein spannendes Programm zu viert entwickelt, das wir im Sommer in Ungarn spielen werden, im August treten wir zu dritt bei den Schattenburg-Konzerten in Feldkirch mit Brahms auf. Ich bin schon gespannt und freue mich sehr darauf – eine Premiere! Martin und ich haben auch bereits einige CDs eingespielt, etwa 2006 unser Lieblingsprojekt „Seresta“ mit Musik aus Argentinien und Brasilien, oder zuletzt 2019 die CD mit Kammermusik des österreichischen Komponisten Josef Friedrich Doppelbauer, dessen Sohn hier lebt.    

Sie sind seit 2013 auch Präsidentin der Chopin-Gesellschaft Vorarlberg, die Sie inzwischen auf eine professionelle Ebene gehoben haben.

Am Anfang war das eine schöne Passion, die inzwischen zu einer sehr wichtigen Aufgabe in meinem Leben geworden ist. Wir bringen immerhin bedeutende Interpreten der Klavier- und Kammermusik mit ihren Konzerten nach Feldkirch wie jetzt am 21. Februar den Pianisten Boris Giltburg, einen Weltstar. Das ist natürlich eine große Freude, damit den Menschen mit günstigen Eintrittspreisen Kunst auf höchstem Niveau zu vermitteln. Dabei ist uns sehr wichtig, dass auch Schüler und Studenten unsere Konzerte besuchen und wir jedes Jahr als Jugendförderung Konzerte mit dem musikalischen Nachwuchs planen.

Welche Erfahrungen haben Sie als Veranstalter in der Coronazeit gemacht?

Gerade jetzt, wo wir noch diese Covid-19-Maßnahmen zu erfüllen hatten, war das eine enorme Belastung. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass sich bei diesen klassischen Konzerten kaum jemand angesteckt hat, weil die Leute sich vorbildlich verhalten. Wenn Politiker die Kultur wirklich ernst nehmen würden, hätten diese Konzerte auch bei Corona ohne Probleme weiterlaufen können.

Sie selber sind aus Ihrer persönlichen Corona-Krise mit neuem Lebensmut und vielen Ideen herausgekommen?

Das nächste halbe Jahr steht im Zeichen der Kammermusik, eine CD mit Liedern des belgischen Komponisten Flor Peeters mit Corinna Scheurle und Clemens Morgenthaler und ein Konzertprogramm „Trouvez les femmes“ mit Musik von Komponistinnen des 18. und 19.  Jahrhunderts mit Konzerten in der Region. Schubert gibt es in Offenburg und beim Summer Music Festival Hitzacker ein tolles Programm mit der Camerata Bern über ein sehr aktuelles Thema: das Insektensterben.

FRITZ JURMANN