Legende der Modefotografie im Flatz Museum

Kultur / 05.02.2022 • 15:00 Uhr
Legende der Modefotografie im Flatz Museum
Dem im vergangenen Sommer im Alter von 95 Jahren verstorbenen großen deutschen Fotografen widmet das Flatz Museum seine aktuelle Ausstellung. VN/Paulitsch

Flatz Museum zeigt Fotografien der 1950er und 1960er von F.C. Gundlach.

DORNBIRN Er fotografierte Bademode in der Wüste vor den Pyramiden von Gizeh, brachte Modestrecken von Haute Couture in exotischen Destinationen ins Deutschland der 1960er-Jahre und wurde damit zur Legende. Der Bezeichnung „Modefotograf“ hat er sich zwar stets verwehrt, denn er sah sich vielmehr als „Fotograf, der Mode fotografierte“, doch F.C. Gundlach (1926 – 2021) gilt als einer der wichtigsten Modefotografen der Welt.

Mit ikonischen Bildern und seiner ganz eigenen Bildsprache hat er Bewegung in die Modefotografie gebracht und sie in die Nähe des wirklichen Lebens gerückt. Dem im vergangenen Sommer im Alter von 95 Jahren verstorbenen großen deutschen Fotografen widmet das Dornbirner Flatz Museum nun unter dem Titel „Mensch und Form“ seine aktuelle Ausstellung. Die von Sebastian Lux von der Stiftung F.C. Gundlach in Hamburg und von Kulturmanager Gerald Matt kuratierte Auswahl fokussiert anhand von über 30 Arbeiten auf die späten 1950er- und 1960er-Jahre und widerspiegelt in einem spannenden, äußerst sehenswerten Rundgang en passant die Zeit-, Stil- und Kunstgeschichte jener Jahre.

Zu sehen ist auch das Foto von Model Mirella Peteni als Fallschirmspringerin im Jumpsuit aus Saga-Nerz aus dem Jahr 1964.
Zu sehen ist auch das Foto von Model Mirella Peteni als Fallschirmspringerin im Jumpsuit aus Saga-Nerz aus dem Jahr 1964.

Sein Faible für die Fotografie entdeckte Franz Christian Gundlach, der seine beiden Vornamen zeitlebens auf die Initialen kürzte, im zarten Alter von zehn Jahren. Den ersten inszenierten Porträts seiner Freunde mit einer Afga Box folgte eine Ausbildung an einer privaten Fotografieschule in Kassel und bereits anfangs der 1950er zog es Gundlach nach Paris, später auch nach Amerika, bevor Hamburg zu seinem Lebensmittelpunkt wurde. Er lichtete internationale und deutsche Stars wie Romy Schneider, Cary Grant oder Zarah Leander ab und setzte Mode für Zeitschriften wie „Film und Frau“ oder „Brigitte“ meisterlich in Szene. Und er veränderte die bis dahin sehr statische Modefotografie mit für die damalige Zeit geradezu revolutionären Bildern.

Gundlach fotografierte als Erster mit Kleinbild, experimentierte mit extremen Brennweiten und Perspektiven und schuf damit Aufnahmen, die ganze Generationen prägten und seinen Ruf als Grandseigneur der Modefotografie der deutschen Nachkriegszeit begründeten. Auch als vorausblickender Unternehmer war Gundlach mit seiner Firma Professional Photo Service (PPS), die Fotolabore und Mietstudios betrieb, erfolgreich. Sein besonderes Verdienst war jedoch, dass er sich stets nicht nur für seine eigenen Bilder interessierte. So trug er als Sammler seit 1975 eine rund 17.000 Werke zählende Kollektion zusammen, die zu den bedeutendsten privaten Fotosammlungen in Deutschland gehört und die er 2003 der Stadt Hamburg übergab – als Dauerleihgabe und Grundlage für das Haus der Photographie, das er als Gründungsdirektor mitkonzipiert hatte. Auch als Betreiber der ersten reinen Galerie für Fotografie in Deutschland, wo er unter anderem Robert Mapplethorpe, Nan Goldin oder Irving Penn ausstellte sowie als Kurator und Stifter leistete F.C. Gundlach ganz wesentliche Beiträge zur Etablierung der Fotografie als eigenständige Kunstform.

Brigitte Bauer im Badeanzug aus dem Jahr 1965.
Brigitte Bauer im Badeanzug aus dem Jahr 1965.

Neben der Fotografie war F.C. Gundlach stark von der Architektur angetan, und wäre er nicht Fotograf geworden, so wäre er wohl auch ein sehr guter Architekt gewesen. Besonders die Aufnahmen der 1960er-Jahre, wie sie zahlreich auch in der Ausstellung im Flatz Museum zu sehen sind, zeigen auf, wie gut sein Blick war und sein gestalterisches Vermögen, die Hintergründe mit ins Bild einzubauen. Die Location war für Gundlach die halbe Miete und dank seines Exklusivvertrags mit der deutschen Lufthansa reiste er im großen Stil in entfernte Destinationen und lieferte Fotos, mit denen er das Fernweh der Wirtschaftswundergeneration bediente und Exotik in die Wohnzimmer holte. Auf einer Reise in die neu erbaute, aus dem Boden gestampfte brasilianische Hauptstadt Brasilia mit ihrer utopisch-futuristisch anmutenden Architektur ist 1963 die Reihe „Brasilias Wunderwelt“ entstanden: großartige Aufnahmen, reduziert, grafisch, die Formen und Linien der Bauten aufnehmend, mit Texturen und Silhouetten spielend und sie in strengen S/W-Bildern noch stärker betonend.

Gleichzeitig hatte der Fotograf auch einen wachen Blick auf die Kunstströmungen seiner Zeit. Das als Fallschirmspringerin im Jumpsuit aus Saga-Nerz inszenierte Model Mirella Peteni, Brigitte Bauer im Badeanzug von Sinz oder die Badekappenträgerinnen Karin Mossberg und Micky Zenati in gleißendem Sonnenlicht und surrealer Szenerie vor der Cheopspyramide – die grafischen Muster der Op Art passten perfekt in die architektonischen Kompositionen des Meisters. Mehr Wechselspiel von Mensch, Form und Architektur geht nicht. Mehr Zeitgeist auch nicht.

Die Ausstellung „F.C. Gundlach – Mensch und Form“ ist im FLATZ Museum, Marktstraße 33, Dornbirn, vom 5. Februar bis 28. Mai zu sehen, geöffnet Fr von 15 bis 17 Uhr, Sa von 11 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung unter 05572/3064839.

Die Badekappenträgerinnen Karin Mossberg und Micky Zenati in gleißendem Sonnenlicht und surrealer Szenerie vor der Cheopspyramide .
Die Badekappenträgerinnen Karin Mossberg und Micky Zenati in gleißendem Sonnenlicht und surrealer Szenerie vor der Cheopspyramide .