Das böse Erwachen kommt immer danach

Kultur / 23.09.2022 • 16:44 Uhr
Der PlotJean Hanff Korelitz, Heyne,351 Seiten

Der Plot

Jean Hanff Korelitz, Heyne,

351 Seiten

Die US-Autorin Jean Hanff Korelitz legt einen sagenhaften, spannungsgeladenen Roman vor, ein vielschichtiges Werk.

Roman „Der Plot“, nennt sich der Roman, frei übersetzen könnte man das als „der Inhalt einer Geschichte“. Hauptakteur Jake Finch Bonner sieht sich als gescheiterter Autor, dessen erster Roman sich als Eintagsfliege herausstellte. Also fristet er Jahre später sein Leben als Lehrer für Kreatives Schreiben auf einem nichtssagenden College in der Provinz.

Plötzlich schreibt sich der Student Evan Parker bei ihm ein, der Jake in einer Sprechstunde einen sagenhaften Plot zu seinem brutalen und zugleich tiefmenschlichen Roman schildert, den er im College fertigstellen will. Die Wege trennen sich nach dem Seminar, doch Jake lässt der Plot des jungen Autors keine Ruhe, bis er erfährt, dass Evan an einer Überdosis gestorben sei. Die Romanidee nahm Evan scheinbar mit ins Grab und bei Jake begann es unter den Fingernägeln sprichwörtlich zu brennen – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ohne große Gewissensbisse begräbt er seine Autorenehre und stellt sich dem Projekt. Die Seiten waren mit dem „ausgeborgten“ Plot im Hintergrund schnell gefüllt, ein Verlag wurde auf Anhieb gefunden.

Tatsächlich wird der Roman namens „Krippe“ zum Hit, aber Jake liegt mit seiner Paranoia nicht falsch: Aus dem Netz meldet sich eine Stimme namens TalentedTom@gmail.com bei ihm, mit der Anschuldigung, dass der Inhalt gestohlen sei.

Der doppelte Plot

Der Plagiatsvorwurf ist so ziemlich das Schlimmste, was dem Autor passieren konnte. Die Stimme aus dem Netz bleibt anonym und hört nicht auf, ihn zu attackieren. Dazu tritt eine Frau in Jakes Leben. Sehr fein webt die Autorin, in kurzen Kapiteln, die elementaren Teile des Bestsellers „Krippe“ in den Roman ein: Eine rasante Mutter-Tochter-Geschichte, die etwas Karmaartiges auf sich hat, und so auch durchexerziert wird. Immer mehr mischen sich hier die literarische Fiktion und Jakes Leben zu einer düsteren Geschichte.

Großer Zynismus ist auf jeder Seite spürbar. Auch sei hier ihre sprachliche Souveränität erwähnt, Dinge festzumachen, dazu sehr präzise Stimmungen einzufangen. Ausgezeichnet spiegelt die Autorin menschliches Verhalten wider. Das macht dann bis zur letzten Seite eine echt fette Geschichte, in der, mit Verlaub, im letzten Drittel noch ein Wendepunkt gesetzt werden hätte können, aber das ist wohlgemerkt die Entscheidung der Autorin. Für die nassen Herbsttage ein grandioser Roman. Wenn sich dazu noch Starautor und Klappentext-König Stephen King zu Wort meldet, der diesen Roman als eines der besten Werke sieht, sollte nichts mehr schiefgehen.

Unterhaltsame Geister

Manchmal geht tatsächlich etwas schief, zum Beispiel beim Ableben von Personen, die quasi als Geist zurückbleiben, bis auf Erden gewisse Dinge erledigt sind. „Es gibt ein Sterben nach dem Tod“, nennt sich der neue Krimi von Tatjana Kruse, den sie auch persönlich als „Karma-Komödie“ einordnet. Börnie, die Marketingleiterin von „Schön Cosmetics“ wird auf der eigenen Abschiedsparty aus der Firma mit Zyankali ermordet und bleibt in der Zwischenwelt hängen.

Mit dem verschrobenen Kai-Uwe und der Migrantin Jenny finden sich gleich zwei Personen, die als Medium dienlich sind. Die schnatternde Börnie scheint im Diesseits noch einiges lernen zu müssen, bis sie den Mord an sich aufklären kann, aber will sie denn überhaupt von Erden gehen? Fazit: Ein gut abgestimmter Herbstcocktail in stürmischen Zeiten.

Es gibt ein Sterben nach dem TodTatjana Kruse, Haymon,234 Seiten

Es gibt ein Sterben nach dem Tod

Tatjana Kruse, Haymon,

234 Seiten