Suche nach speziellen Klängen

PulsArt eröffnete die neue Ära an der Stella Vorarlberg mit einer exzellenten Performance.
FELDKIRCH „Stella Vorarlberg, Privathochschule für Musik“ heißt das traditionelle Haus an der Ill also nun nach seinem Upgrading, in sympathischer Anlehnung an die ursprüngliche Verwendung als Jesuitenkolleg „Stella Matutina“. Nach 45 Jahren ist auch das zwischenzeitliche Landeskonservatorium Geschichte, nun weht ein neuer Geist durch diese universitäre Bildungseinrichtung des Landes und macht sich schon in den ersten Tagen des regulären Betriebes bemerkbar. Denn man hat ohne Zögern die künstlerische Eröffnung dieser neuen Ära an „PulsArt“ übertragen, das hauseigene Ensemble für Neue Musik, und dieses Projekt damit aus seinem Dornröschenschlaf erweckt. Das hat Signal- und Symbolwirkung für die Zukunft.

Denn „PulsArt“ würde mit den ihm zugedachten Aufgaben generell eine viel stärkere Fokussierung vertragen. Es wurde vor fünf Jahren von einer Gruppe von Professoren um den Komponisten Herbert Willi gegründet und sollte den Studierenden und dem Publikum die unmittelbare Möglichkeit geben, sich mit internationaler und regionaler neuer Musik zu befassen, wenn möglich sogar im direkten Austausch mit den Komponisten. Allerdings ist inzwischen mit Willis Pensionierung auch seine Kompositionsklasse aufgelöst worden, aus der zahlreiche Komponisten des Landes stammen. An der „Stella“ beruhigt man, es handle sich dabei nur um einen ersten Schritt in der modalen Umstrukturierung zur künftigen Hochschule.

Das Ensemble „PulsArt“ aber ist in diesen fünf Jahren mit jährlichen viel beachteten Konzerten unverzichtbar geworden. Dies ist vor allem einem seiner Mitbegründer zu danken, dem musikalischen Leiter Benjamin Lack, der bei diesem Projekt zur imponierend kompetenten und prägenden Figur geworden ist und mit Nachdruck seine Sache vertritt. Dieser Sonntagsmatinee hat er ein Wort der Neue-Musik-Legende George Crumb vorangestellt, „Auf der Suche nach speziellen Klängen“, und als Fixpunkt der klassischen Moderne jedes Programms auch gleich dessen Stück „Quest“ („Suche“) an den Beginn gesetzt.
„Le Banquet“ von Eszko Kikoutchi
In dem Riesenaufbau von Instrumenten auf der Bühne verlieren sich die sieben Musiker fast, die auf Cymbal, Harfe, Gitarre, Kontrabass, Sopransax und Percussion Bruchstückhaftes, Zerbrechliches von sich geben und damit zu jenen besonderen Sounds finden, die Klangforscher Crumb gemeint hat. Eine faszinierend meditative, spinnenfeine Musik, aus der sich mit der Zeit „Amazing Grace“ als Thema herausschält. Als Kernstück des Konzertes wird mit „Le Banquet“ eine neue Komposition der japanischen Komponistin Eszko Kikoutchi präsentiert, die seit 20 Jahren in der Schweiz lebt und im Vorfeld in einem Workshop mit den Musikern das Stück einstudiert hat. Da liegt nun mit Streichquartett, drei Holzbläsern, Klavier, Horn und viel virtuos bedientem Schlagzeug ein reiches Instrumentarium vor, das Kikoutchi weidlich ausnutzt.

Damit wollte sie die Rhetorik und Lyrik von Platons „Symposium“ energetisch in ihre Musik umsetzen. Durch ein hochmotiviertes Ensemble von Studierenden, gut vorgebildeten jungen Erwachsenen, erfährt die einfallsreich konstruierte Partitur eine spannende Umsetzung. In ähnlicher Besetzung, aber mit anderen Musikern folgt zum Schluss das Werk „Grand Rounds“ der israelisch-amerikanischen Komponistin Shulamit Ran in ausgefeilter, leidenschaftlich ausgehörter Manier. Angesichts der bekannten Berührungsängste des Publikums mit Neuer Musik ist die Begeisterung einer kleinen Schar Unentwegter im Festsaal der Stella für diese Darbietungen bemerkenswert.
FRITZ JURMANN