Die beste aller Welten

Uroš Weinberger präsentiert in der Galerie Sechzig seine neuesten Arbeiten.
Feldkirch „Blurred Heaven“, so der Titel der Ausstellung, bedeutet so viel wie „Verschwommene Zufluchtsorte“. Uroš Weinberger, 1975 im slovenischen Trbovlje geboren, studierte u. a. an der Akademie der Bildenden Künste und Design in Ljubljana und erhielt 2022 den „Trdina Award“.

Seit Jahren setzt sich Weinberger mit der konstanten Reizüberflutung auseinander, die durch die Bilderflut der Print- und digitalen Medien verursacht wird. Sein gesamtes Bildmaterial, das er in seinen meist großformatigen Arbeiten verwendet, findet er in den Untiefen des World Wide Web; teils sind es auch Film-Stills aus diversen Science-Fiction Filmen.

Sie alle zeigen Habitate, in denen Menschen ihr Dasein fristen. Künstliche Welten, virtuelle Realitäten, manchmal öde Mondlandschaften, in denen ein Astronaut herumspaziert, manchmal grüne Oasen, Zufluchtsorte, für jene, die den Supergau, den Untergang unserer Erde, überlebt haben. Er spielt somit auf den Selbstzerstörungsprozess an, den die Menschheit selbst in Gang gebracht hat.

Der erste künstlerische Schritt ist eine digitale Collage/Bild aus dem Internet, mitunter stark gepixelt. Ab diesem Zeitpunkt beginnt Weinberger mit der Metamorphose. Er vergrößert, kombiniert mit Ornamenten. Dafür greift der Künstler mitunter auf Techniken aus der Op-Art zurück, um irritierende optische Täuschungen oder den verwirrenden Eindruck von Bewegung und Dreidimensionalität zu erzeugen.

Farblichtmalerei
Das Weinberger’sche Formenvokabular kann zudem an, aus vielen kleinen Pixeln bestehende, computererzeugte Bilder oder in einigen Arbeiten auch an eine pointillistische beziehungsweise divisionistische Bildsprache erinnern. Der Farbauftrag ist pastos. Die Farben changieren von mintgrün zu violett-rosa bis ockergelb. Durch diese Technik, eine Art Farblichtmalerei, erscheinen die Bilder bei näherer Betrachtung aufgelöst, ein Amalgam aus verschiedenen schillernden Farbtönen und das aus Farbtupfern und -strichen zusammengesetzte Bild erschließt sich dem Betrachter erst ab einer bestimmten Distanz.

Wie im wirklichen Leben. Man kann den Blick auf das Ganze nur aus einem bestimmten Abstand heraus betrachten. Weinberger warnt mit seinen Gemälden vor einer allmählichen Verschmelzung der realen und virtuellen Welt beziehungsweise von Mensch und Maschine, welches in einem totalen Kontrollverlust enden könnte. Die ständige Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz versteht Weinberger weniger als Schritt nach vorne, sondern mehr als ernstzunehmende Gefahr für die Gesellschaft, um zunehmend passiver, manipulierbarer, inaktiv und schlussendlich sogar nutzlos zu werden. Gegen diese selbst verschuldete Nutzlosigkeit wehrt sich Weinbergers Kunst, sie bringt uns ins Bewusstsein, was es heißt, Mensch zu sein und auf einem Planeten leben zu dürfen, der uns ernährt und uns Heimat gibt. Die beste aller Welten – davon erzählt Uroš Weinbergers Kunst.
Thomas Schiretz