„Wir alle lieben die Seebühne“

Kultur / 21.07.2023 • 18:19 Uhr
„Kunst und Kultur gehen durch schwierige Zeiten“, so Mayer. VN/Rhomberg
„Kunst und Kultur gehen durch schwierige Zeiten“, so Mayer. VN/Rhomberg

Andrea Mayer hebt überregionale Bedeutung der Festspiele hervor.

Bregenz Zuerst kam die Pandemie, dann die Teuerung. Im Interview mit den VN in Bregenz spricht Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer über die herausfordernden letzten Jahre. Dass es eine weitere Finanzspritze des Bundes für den Umbau des Festspielhauses braucht, glaubt sie nicht.

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Bregenzer Festspiele für die Kulturlandschaft Österreichs ein?

Mayer Man kann sie gar nicht hoch genug einschätzen. Die Bregenzer Festspiele haben eine überregionale Strahlkraft, über das ganze Bodenseegebiet und darüber hinaus. Jedes Jahr gehen allein über 200.000 Menschen in die Oper. So viele Karten so schnell zu verkaufen – das ist eine enorme Leistung. Bei den Festspielen stimmt die Quantität mit einer herausragenden Qualität überein.

Das Festspielhaus wird umgebaut. In der dritten Bauetappe sind die Kosten deutlich höher ausgefallen als geplant. Statt 60,5 Millionen werden es rund 79 Millionen Euro sein. Den größten Brocken trägt der Bund. Welche Vorteile erhoffen Sie sich durch den Umbau?

Mayer Ja, es ist eine große, aber dringend notwendige Investition für die Kunst. Wir alle lieben die Seebühne. Sie muss aber technisch immer auf dem neuesten Stand sein. Diese Investition funktioniert nur im Zusammenspiel der einzelnen Fördergeber, also Stadt, Land und natürlich Bund. Wir leisten sehr gerne einen Beitrag dazu. Die Erhöhung, die sie angesprochen haben, hat nicht mit einer Fehlkalkulation zu tun, sondern ist durch die Teuerungswelle bedingt. Wir kommen hier unserer Verantwortung nach. Alle Beteiligten erhöhen ihren Anteil. Mit dieser Summe wird man das Auslangen finden.

Sie gehen also nicht davon aus, dass der Bund noch einmal mehr Geld zuschießen muss?

Mayer Nein. Ich glaube, dass wir jetzt in den Berechnungen eine gute Basis haben.

Welche Schwerpunkte setzen Sie bei der finanziellen Förderung von Kulturprojekten?

Mayer Wir konnten das Kulturbudget des Bundes in den vergangenen drei Jahren um 33 Prozent erhöhen. Es sind jetzt über 620 Millionen Euro. Das ist eine sehr gute Ausgangsbasis. Erstens können wir damit die Teuerung und die Inflation bekämpfen und die Kultur absichern. Zweitens gelingt es, neue Akzente zu setzen, zum Beispiel beim Thema „Fair Pay“. Wir – Bund, Länder, Städte- und Gemeindebund – haben hier eine gemeinsame Strategie erarbeitet. Fair Pay muss zur Normalität im Kulturbetrieb werden, Künstlerinnen und Künstler müssen auch wirklich von ihrer künstlerischen Tätigkeit leben können. Für Fair Pay investiert der Bund heuer allein neun Millionen Euro. Ganz wichtig ist zum Beispiel auch die Filmwirtschaft. Für sie hat die Bundesregierung ein Anreizmodell auf den Weg gebracht. Seit Jänner ist es in Kraft. Schon jetzt ist deutlich spürbar, um wie viel attraktiver Österreich als Filmstandort geworden ist.

Sie haben die Teuerung angesprochen. Wie will die Regierung die Situation für die Kulturschaffenden verbessern?

Mayer Kunst und Kultur gehen wirklich durch schwierige Zeiten. Zuerst kam die Pandemie, dann folgte die Energiekrise und die Teuerung. Wir haben die Förderungen im Schnitt um zehn Prozent erhöhen können, auch in Vorarlberg. Für wichtige Institutionen gab es eine deutliche Steigerung, für das Theater Kosmos, das Frauenmuseum Hittisau oder die Poolbar. Mir war wichtig, dass wir der Teuerung mit einer Erhöhung des Förderbudgets entgegenwirken. Kunst und Kultur ist ein sehr personalintensiver Bereich, und es ist nicht davon auszugehen, dass Personalkosten mit einer Einmalzahlung nachhaltig abgegolten werden können. Es braucht eine dauerhafte Finanzierung. Für Non-Profit-Organisationen wird es außerdem einen Energiekostenzuschuss geben. Da sind wir gerade in der Endabstimmung. Ab Herbst soll dieser zur Verfügung stehen.

Wird es ohne eine weitere Erhöhung des Förderbudgets funktionieren? Die Teuerung hält an.

Mayer Ich werde für das Kulturbudget kämpfen, wie auch in den Vorjahren.

Wie haben sich Pandemie und nun die Teuerung auf die Besucherzahlen bei Kulturveranstaltungen ausgewirkt?

Mayer Wir haben im letzten Jahr im Herbst und Winter eine Publikumsstudie vom SORA-Institut erstellen lassen. Diese ergab, dass wir uns um neues Publikum, neue Publikumsschichten, um ein jüngeres Publikum bemühen müssen. Die Besucherzahlen sind heuer schon wieder stark angestiegen, besonders im Sommer. Aber wir müssen dranbleiben. Was die Studie auch bestätigt: Menschen nutzen Kunst und Kultur besonders aufgrund des sozialen Gefüges. Wir wollen unter Menschen sein. Das gemeinschaftliche Erlebnis ist zentral. VN-ram