Blatt hat sich gewendet
Es ist noch nicht so lange her, da war der Rettungsanker für die Vorarlberger Kulturschaffenden und die entsprechenden Vereine und Gruppierungen das Land. Denn vom Bund wurden die Mittel immer deutlicher gekürzt – das Land sprang in sehr vielen Fällen in die aufgerissene finanzielle Lücke. Inzwischen scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Das Land spart – vor allem in der Kultur – immer deutlicher, der Bund hingegen erweitert sein Budget merkbar. Im Jahr 2022 stiegen die Kulturausgaben des Bundes im Vergleich zum Vorjahr laut Kunst- und Kulturbericht um nahezu acht Prozent auf 510 Millionen Euro. In Vorarlberg stiegen die Kulturausgaben – ebenso laut Kulturbericht – im gleichen Zeitraum um drei Prozent auf 24,2 Millionen. Beim Bund gingen aus dem Budget acht Millionen, das sind etwa eineinhalb Prozent, für die Generalsanierung an die Bregenzer Festspiele, vom Land 2,3 Millionen, das sind etwa zehn Prozent, für Betrieb und Programm an die Festspiele.
Ich weiß schon, diese Zahlen sind nur bedingt direkt vergleichbar, ungeachtet dessen zeigen sie aber doch einen Trend. Im Bund wurden zum Beispiel 6,5 Millionen für Fair-Pay-Maßnahmen ausgegeben, über solche Themen wird in Vorarlberg immer noch im Landtag heftig diskutiert. Es wurde auch eine sogenannte „Prekariatsstudie“ erstellt, konkret aber spüren die Künstler noch nicht allzu viel von geänderten Verhältnissen.
Interessant ist auch ein Interview, das Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) vor einigen Tagen dieser Zeitung gegeben hat. Darin bestätigt sie, dass der Um- und Neubau des Bregenzer Festspielhauses nun 79 Millionen statt der ursprünglich veranschlagten 55 Millionen kosten wird. Diese Kosten werden nach gegebenem Schlüssel zu 45 Prozent vom Bund, zu 35 vom Land und zu 20 von der Stadt Bregenz getragen. Nicht gerade ein Schnäppchen für alle Beteiligten. Vor allem wenn man bedenkt, dass der neue, große Bau neben der Werkstattbühne von manchen, den Festspielen durchaus nahe stehenden Personen, als „überflüssig“ bezeichnet wird. Das Prinzip des „immer größer, immer imposanter“ sollte, so sagen auch Insider, bei den Festspielen durchbrochen werden. Mit der „Madame Butterfly“ auf der Seebühne hat man hier einen richtigen Schritt gesetzt, die Technik gegenüber früheren Aufführungen zurückgenommen. Bei den Bauten macht man den gegenteiligen Schritt.
Auch städtebaulich scheint der Neubau problematisch, denn direkt daneben kommt das neue Bregenzer Hallenbad zu stehen. Die beiden Gebäude bilden einen heftigen Riegel zum See, lassen nur „eine Gasse“ zwischen Festspielen und Hallenbad als Durchgang. Und wenn wir schon dabei sind: Auch der Neubau des Hallenbades wird von manchen Fachleuten in Bregenz angezweifelt, die Kosten dafür werden heute auf weit über 70 Millionen geschätzt. Da bleibt am See ein erheblicher Brocken für die Landeshauptstadt.
„Das Prinzip des ,immer größer, immer imposanter‘ sollte, so sagen auch Insider, bei den Festspielen durchbrochen werden.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
Kommentar