Wieder ein Triumph für Kian

Kultur / 20.08.2023 • 18:48 Uhr
Mitreißender hätten die Orchesterkonzerte nicht zu Ende gehen können. BF/L. Mathis
Mitreißender hätten die Orchesterkonzerte nicht zu Ende gehen können. BF/L. Mathis

Der Bregenzer Top-Cellist Kian Soltani führte mit dem SOV Schostakowitsch zum Höhepunkt.

BREGENZ Besser, mitreißender hätten die Orchesterkonzerte der diesjährigen Festspiele nicht enden können als gestern mit der traditionellen Matinee des Symphonieorchesters Vorarlberg unter seinem Chefdirigenten Leo McFall. Dabei hatten die Musiker noch vor einer Woche am Kornmarkt beim Opernstudio mit Massenets „Werther“ eine von Publikum und Presse einhellig akklamierte tolle Leistung erbracht. Danach waren Nervenstärke, Routine und Belastbarkeit der Musiker gefragt, denn während der drei Folgeaufführungen hatten sie parallel das Konzert für Sonntag vorzubereiten. Vor vollem Haus und in Anwesenheit von Tout Bregenz wurde das gestern nicht nur zum gesellschaftlichen, sondern auch zum hochkarätigen musikalischen Event, zur glänzenden Visitenkarte, die eindrucksvoll die Position des SOV als zweites Festspiel-Orchester neben den Wiener Symphonikern in Bregenz untermauerte.

Gefeierter Cellist Kian Soltani

Da gibt es aber auch noch den aus Vorarlberg stammenden, international gehandelten Star-Cellisten Kian Soltani (31), der als Solist auf seinem wertvollen Stradivari-Cello diesen Vormittag prägt. Nach seinem erfolgreichen Festspiel-Debüt im Vorjahr mit den Symphonikern wurde Soltani heuer erneut eingeladen, diesmal zusammen mit den ihm vielfach persönlich vertrauten Musikern des SOV und deren Chef. Eine gute Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Denn, was niemand vermutet hatte: Der Erfolg für ihn war beim zweiten Mal noch größer, und das lag nicht zuletzt auch am ausgewählten Werk.

Dass Kian nach dem von ihm mehrfach gespielten ersten Cellokonzert von Schostakowitsch nun das zweite Werk dieses Komponisten vorgeschlagen hatte, war keine einfallslose Aufwärm-Taktik. Denn das Konzert Nr. 2 in g-Moll von 1966 ist zwar weit weniger populär als das erste, doch ist es gegenüber dem oft virtuos vordergründigen ersten Werk von unglaublicher gedanklicher Tiefe und von einer Komplexität für Solist und Orchester, die erklärt, warum es so selten aufgeführt wird. Der lebenslang unter politischen Repressalien leidende russische Komponist hat gerade in diesem späten Werk eine Art Lebensbilanz abgelegt, düster, introvertiert und mit dem ihm eigenen Sarkasmus. Kian Soltani hat als Solist dieses Bekenntnis des Komponisten auswendig für sich übernommen, in langen Solopassagen von verstörender Innerlichkeit und im Kontext mit dem hoch aufmerksamen Orchester und seinem Dirigenten, die in der Bewältigung dieser Partitur eine wahre Meisterleistung vollbringen.

Kians „Heimspiel“

Es wird Musik daraus, die vielen unter die Haut geht. Dem Jubel seiner vielen Freunde und Fans, die sich Kians „Heimspiel“ trotz strahlenden Sommerwetters nicht entgehen lassen wollen, schickt er eine eigene Bearbeitung für sechs Celli eines Stücks von Schostakowitsch für den Film „The Gadfly“ als Zugabe hinterher, so etwas wie eine warme Dusche für das Publikum. Eingerahmt wird diese zentrale Komposition von zwei zwar deutlich kontrastierenden, aber damit auch harmonierenden romantischen Orchesterwerken. Zu Beginn sorgt Paul Dukas‘ brillant in Musik gesetzter „Zauberlehrling“ nach Goethes Ballade für Stimmung und gute Laune. Die lautmalerischen Einfälle, die grotesken, sich in Dynamik und Tempo stets steigernden Kapriolen dieser süffigen Vertonung geben dem Orchester mit seinem Chefdirigenten Leo McFall reichlich Gelegenheit, in humoristischen Details zu schwelgen.

Große Orchesterdisziplin ist bei der finalen „Achten“ von Dvorák gefragt, diesem breit angelegten, populären klassischen Bilderbogen. Hier kann sich das groß besetzte Symphonieorchester in der satten, naturnahen Klanglichkeit des Werks mit einem folkloristisch-böhmischen Idiom entfalten.

Leo McFall spannt in seiner ruhigen, überlegten Art eine Art großen Spannungsbogen über die vier Sätze und erreicht damit, dass das emotional bewegende Werk für alle zum versöhnlichen Ausklang nach dem gewittrigen Schostakowitsch wird. JU