Noch etwas zum Abschied
In wenigen Tagen wird der Direktor des vorarberg museums, Andreas Rudigier, das Haus Richtung Tirol verlassen und dort die Leitung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum übernehmen. Rudigier kommt in Innsbruck in ein Haus, das vor einem Umbau steht. Sieger des Architekturwettbewerbes vor zwei Jahren war das Vorarlberger Büro marte.marte, womit Rudigier bei diesem Projekt auf Bekannte trifft, was möglicherweise von Vorteil sein kann. Doch vor der Zukunft wollen wir noch einmal die Vergangenheit etwas anschauen.
Seit zwölf Jahren leitet der von den Montafoner Museen kommende Kunsthistoriker und Jurist das vorarlberg museum. Wollen wir mit dem vielleicht Auffallendsten beginnen: Das Haus hat sich in einem Maße geöffnet, das bis dahin nicht vorstellbar war. Das hat natürlich mit dem neuen Café im Museum zu tun; das hat ebenso mit dem Riesenangebot an Veranstaltungen zu tun, die zwar nicht immer mit einschlägigen Museumsthemen brillierten, aber natürlich Leben ins Haus und völlig anderes Publikum gebracht haben. Und Publikum – das zählt immer in der Politik.
„Andreas Rudigier war ein durchaus wissender Direktor, der es aber manchmal versäumt hat, in den eigenen Reihen ordnend einzugreifen.“
Inhaltlich hat Rudigier dem Museum ein völlig neues, nicht unumstrittenes Konzept verpasst. Die ständige Schausammlung wurde von der fast zehn Jahre gezeigten Schau „Vorarlberg. ein making-of“ abgelöst, die eigentlich einen Querschnitt durch die Landesgeschichte hätte bringen sollen. Das hat sie aber nicht, wie auch einige Kritiken zeigen. Dieses Manko konnte auch „Buchstäblich Vorarlberg“, in dem Bestände aus dem Museum alphabetisch geordnet gezeigt werden, nicht ersetzen. Von den Sonderausstellungen ragt „Ich, Felder, Dichter und Rebell“ mit dem zum Standardwerk gewordenen Katalog aus dem Jahre 1914 hervor, 2017 die große Schau des Malers Richard Bösch und des Bildhauers Herbert Albrecht, es folgte „Rudolf Wacker im Krieg“ und die Personale des Bildhauers Herbert Meusburger, 2019 dann die „Graphische Provokation“ von Reinhold Luger und Arbeiten von Angelika Kauffmann, 2021 die große Architekturausstellung um Karl Sillaber und die Personalen Heinz Greissing und Gesine Probst-Bösch. Sicher habe ich manches übersehen. Ungeachtet dessen: Manch beeindruckende Schau und auch manch Belangloses wurden gezeigt. Was auf der Strecke geblieben ist, war die ständige Schausammlung, war vor allem die bildende Kunst. Denn es war nicht mehr möglich, die wichtigsten Künstler:innen des Landes jederzeit zu sehen; Gleiches gilt für den volkskundlichen Bereich, für den das Museum auch zuständig ist.
Andreas Rudigier war ein durchaus wissender Direktor, der es aber manchmal versäumt hat, in den eigenen Reihen ordnend einzugreifen. Er ließ allen freie Hand, vertraute auf deren eigene Verantwortung – manchmal auch dann, wenn eine strenge Führung notwendig gewesen wäre. Das war fein für die Mitarbeiter:innen, aber nicht immer gut fürs Museum. Trotzdem: Rudigier kann das vorarlberg museum erhobenen Hauptes verlassen – es möge ihm auch in Tirol gelingen.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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