Grenzüberschreitung war sein Programm

Eine Woche vor der Eröffnung der Ausstellung im KUB ist Günter Brus im Alter von 85 Jahren verstorben.
Bregenz/Graz Der einst geschmähte, dann gefeierte österreichische Aktionskünstler und Maler Günter Brus ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 85 Jahren. Im Kunsthaus Bregenz laufen die Aufbauarbeiten für seine große Ausstellung mit rund 500 Werken aus allen Schaffensphasen – die letzte, an der Brus aktiv beteiligt war – dennoch weiterhin auf Hochtouren. Die Ausstellung wurde gemeinsam mit Günter Brus und dem Bruseum am Universalmuseum Joanneum entwickelt. Sie würdigt die wichtigsten Phasen seines außerordentlichen Werks.

„Günter Brus und seine Frau Anna haben wesentlich zur Auswahl beigetragen, ein großer Teil der Leihgaben stammt aus ihrem persönlichen Bestand. Es ist unendlich schade und traurig, dass Günter Brus die Ausstellung, die eine Woche nach seinem Tod eröffnet wird, nicht mehr erleben kann“, so KUB-Direktor Thomas D. Trummer. Die Ausstellung zeigt fast 500 Arbeiten aus allen Schaffensphasen. Es ist die letzte Präsentation, an der der Ausnahmekünstler aktiv mitgearbeitet hat. „Günter Brus“ wird planmäßig am 16. Februar um 19 Uhr eröffnet und ist bis 20. Mai zu sehen.

Günter Brus wurde am 27. September 1938 in Ardning in der Obersteiermark geboren. Von 1953 bis 1958 besuchte er die Kunstgewerbeschule in Graz und die Hochschule für angewandte Kunst in Wien, die er jedoch vorzeitig abbrach. Nach einer informellen Schaffensphase schockierte er in den 1960er-Jahren gemeinsam mit Muehl, Nitsch und Schwarzkogler die Öffentlichkeit mit seiner Grenzen sprengenden Körperkunst. Legendär ist auch sein „Wiener Spaziergang”, bei dem er gleichsam als lebendes Bild durch die Wiener Innenstadt spazierte.

Die Teilnahme an der Aktion „Kunst und Revolution” an der Universität Wien (1968), bei der sich Brus während des Singens der Bundeshymne ritzte, seinen Urin trank und sich mit Exkrementen beschmierte, ging für den Künstler nicht gut aus: Wegen „Verletzung der Sittlichkeit und Schamhaftigkeit” wurde er zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Brus entzog sich der Haft durch Flucht nach Berlin. Dort gründete er mit Oswald Wiener und Gerhard Rühm die „Österreichische Exilregierung” und deren „Regierungszeitschrift” mit dem Titel „Die Schastrommel”. Seinen Aktionismus beendete er 1970 mit der „Zerreißprobe” in München. Erst 1976 konnte seine Frau beim Bundespräsidenten erreichen, dass seine Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt wurde. 1979 kehrte der Künstler mit seiner Familie nach Österreich zurück und ließ sich in Graz nieder.

Nach seiner Abkehr vom Aktionismus im Jahr 1979 verlegte Brus seine Botschaften auf das Papier. Es begann mit der Mappe „Irrwisch” (1970 – 1972), und von da an stand die Zeichnung – und vor allem seine Bild-Gedicht-Zyklen – im Mittelpunkt seines Schaffens. Brus war auf den wichtigsten internationalen Kunstausstellungen wie der documenta (1982 und 1992) oder der Biennale Venedig (1980) vertreten. Als Bühnenbildner gestaltete er unter anderem die Uraufführung von Gerhard Roths „Erinnerungen an die Menschheit” beim steirischen herbst 1985, aber auch Arnold Schönbergs „Erwartung” und Leos Janaceks „Das schlaue Füchslein”.

Als Schriftsteller umfasst sein Werk u.a. den Roman „Die Geheimnisträger” (1982), die Kurzprosasammlung „Amor und Amok” (1987) sowie seine „Schmähmoiren”, „Die gute alte Zeit” (2002) und „Das gute alte Wien” (2007), ein phantastisch-albtraumhafter Rückblick auf seine Wiener Jahre.

Im Herbst 2011 erhielt Brus in Graz mit dem Bruseum ein Museum, das nicht nur seine Werke regelmäßig zeigt und in den Kontext anderer Künstlerinnen und Künstler stellt, sondern auch Forschungsarbeit betreibt. Für sein künstlerisches Schaffen wurde Brus unter anderem mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst (1996) und dem Oskar-Kokoschka-Preis (2003) ausgezeichnet.

Kunsthaus Bregenz
Günter Brus
17. Februar bis 20. Mai