Der düstere Schubert

Der Bassist David Steffens stellte bei der Schubertiade ein Repertoire der Schwermut vor.
HOHENEMS Das war nichts für schwache Nerven, dieser Liederabend am Montagabend bei der Schubertiade im Markus-Sittikus-Saal, mit einem deutlichen programmlichen Ausreißer aus dem gewohnten, wohlig vertrauten Repertoire-Angebot. Schon der erste Teil mit einem einstündigen Dutzend meist unbekannter Schubertliedern, eines düsterer als das andere, war für den deutschen Bass David Steffens (40) eine harte Herausforderung, für das zahlreiche Publikum aber eine strapaziöse und schwer verdauliche Geduldsprobe.
Steffens ist als einer aus der raren Sorte der Bässe im Liedgesang seit 2015 in Ensembleprogrammen bei der Schubertiade tätig und erhielt nun von Gerd Nachbauer die Startfreigabe für seinen ersten Sololiederabend. Abgesehen von der Besonderheit in seiner Liedauswahl gibt es bei dem jungen Bassisten doch auch einiges zu bewundern, etwa, wie er quasi mit links dieses schwere Repertoire mit seinen textlastigen Balladen wie „Der Zwerg“ (Collin) oder Goethes „Prometheus“ vollkommen auswendig, ohne Noten und ohne „Hänger“ singt und körpersprachlich angenehm ausgestaltet.

Wie er dabei selbstbewusst seine gut durchgestylte Stimme vollmundig ins Spiel bringt, auch wenn die Höhen oft etwas getrübt sind und die extremen Tiefen nicht immer ohne Probleme ansprechen. Doch sein Bass ist trotz der Lage gut konturiert, neigt nicht zum Grummeln, sondern ist in der Diktion verständlich und erinnert damit an den früheren, bei der Schubertiade legendären Bassbariton Robert Holl mit seinen düsteren Mayerhofer-Liedern.
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Eigentlich hätte Steffens mit diesen Eigenschaften, wunderbar mitgetragen von seinem israelischen Klavierpartner Ammiel Bushakevitz, recht bald sein Publikum emotional erreichen und berühren müssen. Warum das nicht funktioniert hat, war der Lautstärke geschuldet, mit der er seine gewaltige Stimme eingesetzt hat – so, als ob er auf der Opernbühne wäre, wo er mit seinem Bass übrigens absolut gefragt ist und beim neuen „Freischütz“ der Festspiele auf dem See auch die Partie des Bösewichtes Kaspar verkörpern wird. Beim Liederabend aber gelten eben andere Gesetze, Zurückhaltung in der Gestaltung, eine schöne Pianokultur sind hier gefragt, die das Publikum ansprechen.
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Dazu findet Steffens tatsächlich erst im zweiten Teil des Abends, als sich bei den „Vier ernsten Gesängen“ von Brahms auch die Stimmung der Lieder etwas aufhellt. Da blüht nun inmitten der schwermütigen philosophischen Gedanken der Trostlosigkeit um Tod und Verzweiflung ein lang ersehntes Lichtlein der Hoffnung auf, gibt neuen Mut. Der Zuhörer ergreift freudig diesen Strohhalm und geht mit dem Sänger Hand in Hand die letzten Meter Weges zu Richard Strauss. Und die Aura der Trübsal wandelt sich zu Jubel.
FRITZ JURMANN
Schubertiade 1. Mai:
11.00 Uhr Kammerkonzert Schumann Quartett, Alexey Stadler, Violoncello; 16.00 Uhr „Die schöne Müllerin‘‘, André Schuen, Bariton, Daniel Heide, Klavier