Offener Brief von österreichischen Künstlerinnen und Künstlern

Kultur / 20.12.2024 • 11:21 Uhr
Offener Brief von österreichischen Künstlerinnen und Künstlern
Das Bank Austria Kunstforum in Wien steht vor dem Aus. APA

Das Bank Austria Kunstforum in Wien steht vor dem Aus. Künstler fordern nun eine faire Übergangslösung.

Wien In einem Offenen Brief zeigen sich österreichische Künstlerinnen und Künstler “entsetzt über die Nachricht, dass das Bank Austria Kunstforum Wien vor dem Aus stehen soll”. Sie fordern “eine faire Übergangslösung”, die dem Haus “in angemessener Zeit eine Neuaufstellung ermöglicht und den geplanten Ausstellungsbetrieb für das kommende Jahr sichert”. Das am Freitag veröffentlichte Schreiben trägt weit über 50 Unterschriften, etwa von VALIE EXPORT, Anna Jermolaewa und Erwin Wurm. “Eine Schließung des Bank Austria Kunstforum Wien wäre ein Kollateralschaden für die heimische Kulturlandschaft. Nichts weniger als alles an dieser Pleite ist fatal”, heißt es in dem Offenen Brief, in dem unter anderem auch Kritik am “Agieren weniger Entscheidungsträger, denen die Tragweite ihres Tuns ganz offensichtlich nicht in vollem Umfang bewusst ist”, und an den ökonomischen Folgen einer “übereilten Schließung” geübt wird.

André-Heller-Park ein “Trostpflaster”

Die “Art und Weise der Bekanntgabe”, nämlich durch die Medien, lasse auf Gleichgültigkeit gegenüber einem renommierten Betrieb sowie zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern schließen. Die Finanzierung eines André-Heller-Parks wird als “Trostpflaster” bezeichnet, “als einen Versuch, verschiedene künstlerische Kategorien und ihre Protagonisten gegeneinander auszuspielen”.

Offener Brief von österreichischen Künstlerinnen und Künstlern
Künstlerinnen und Künstler aus Österreich haben einen Offenen Brief geschrieben. apa

Man befürchte “einen massiven Imageschaden für den Kulturstandort Österreich” und wünsche sich, “dass sich die Stadt Wien und die Republik Österreich der herausragenden kulturellen Stellung dieses Landes erinnern und eingreifen, um noch größeren Schaden abzuwenden”, heißt es weiter. “Wenn die Stadt Wien beim Kauf des Austria-Stadions mit 40 Millionen Euro einspringen kann, sollte ein Engagement im Finden einer Übergangslösung für das Bank Austria Kunstforum Wien ein Leichtes sein.”

Andere Künstler dabei

Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen Secessions-Präsidentin Ramesch Daha, die Künstler Carola Dertnig, Jakob Gasteiger, Edgar Honetschläger, Johanna Kandl, Eva Schlegel, Margot Pilz, Heimo Zobernig und Peter Kogler, aber auch Autorinnen und Autoren wie Gertraud Klemm, Robert Menasse, Herta Müller und Christoph Ransmayr.

Am 9. Dezember hatte die Unicredit Bank Austria per Aussendung das baldige Ende des seit 1980 bestehenden privaten Ausstellungshauses auf der Wiener Freyung verkündet. Der Ausfall des Sponsorings der Signa, die auch Eigentümerin der Immobilie war, lasse den weiteren Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu. Ob der Ausstellungsbetrieb über die Sommerpause hinaus ermöglicht wird, ist derzeit unsicher. Zuletzt hoffte man im Kunstforum-Board auf eine Übergangsfrist von 12 bis 18 Monaten zur Findung einer neuen Trägerstruktur. Damit könnte auch die geplante Schau über die Performance-Künstlerin Marina Abramović wie vorgesehen ab Anfang Oktober gezeigt werden.

“Wir führen derzeit konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten, um eine geordnete Übergangsphase für das Kunstforum sicherzustellen”, heißt es in einer Erklärung seitens der Bank Austria. “Die geänderten Umstände im Umfeld des Kunstforums Wien ließen letztlich einen langfristig wirtschaftlichen Betrieb, in dem wir uns weiterhin als Museumsbetreiber engagieren, nicht zu. Daher werden wir unsere Sponsoringaktivitäten für Kunst und Kultur auf breitere Basis weiter ausbauen.”

Der Offene Brief:

“Wir Künstlerinnen und Künstler sind entsetzt über die Nachricht, dass das Bank Austria Kunstforum Wien vor dem Aus stehen soll. Wir sind dem Haus nicht nur aufgrund seiner exzellenten Ausstellungen, sondern auch aufgrund eines Netzwerks, das das Bank Austria Kunstforum Wien über Jahrzehnte mit den Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich und weit über die Grenzen hinaus aufgebaut hat, tief verbunden. Wir fordern eine faire Übergangslösung, die dem Bank Austria Kunstforum Wien in angemessener Zeit eine Neuaufstellung ermöglicht und den geplanten Ausstellungsbetrieb für das kommende Jahr sichert.

Eine Schließung des Bank Austria Kunstforum Wien wäre ein Kollateralschaden für die heimische Kulturlandschaft. Nichts weniger als alles an dieser Pleite ist fatal!

Da wäre erstens die Art und Weise, wie die Entscheidung der UniCredit Bank Austria zustande gekommen ist, nämlich durch das Agieren weniger Entscheidungsträger, denen die Tragweite ihres Tuns ganz offensichtlich nicht in vollem Umfang bewusst ist. Die UniCredit Bank Austria rühmte sich über viele Jahre als größter Kulturförderer des Landes. Mit dieser Tradition soll nun trotz Milliardengewinnen gebrochen werden.

Zweitens wäre eine übereilte Schließung des Bank Austria Kunstforum Wien nicht nur kulturpolitisch sondern auch aus ökonomischer Sicht desaströs, zieht doch die Stornierung bereits abgeschlossener Verträge mit Top-Künstler:innen Kosten in Millionenhöhe nach sich. Nur durch die Schaffung einer fairen Übergangslösung kann das Bank Austria Kunstforum Wien seine Ausstellungsverpflichtungen erfüllen.

Drittens lässt die Art und Weise der Bekanntgabe – Leitung und Belegschaft erfuhren die Neuigkeiten aus den Medien – auf größtmögliche Gleichgültigkeit gegenüber einem renommierten Betrieb sowie zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern schließen, denen sichtlich weder fachlicher noch menschlicher Respekt entgegengebracht wird.

Viertens mit ihrer Ankündigung nehmen die Verantwortlichen der UniCredit Bank Austria einen massiven Einschnitt in die österreichische Kulturlandschaft vor. Das Bank Austria Kunstforum Wien ist ein extrem erfolgreicher Player im heimischen Kulturbetrieb. Es bietet nicht nur den großen Namen der Kunstgeschichte eine Bühne, sondern engagiert sich auch für die junge Szene. Auch im Bereich der Kinder-, Jugendlichen- und Erwachsenenbildung leistet es Pionierarbeit sowohl im Feld der Kunstvermittlung als auch im Sektor des digitalen Museums.

Und fünftens weisen wir die Ankündigung, einen André-Heller-Park als „Trostpflaster“ zu installieren, als einen Versuch, verschiedene künstlerische Kategorien und ihre Protagonist:innen gegeneinander auszuspielen, zurück.

Wir empfinden das Zeichen, das mit der Entscheidung der UniCredit Bank Austria gesendet wird, als fatal, einer Kulturnation nicht würdig und wir befürchten einen massiven Imageschaden für den Kulturstandort Österreich. In einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit kommt Banken nicht nur eine wirtschaftspolitische, sondern auch eine gesellschafts- und kulturpolitische Verantwortung zu, derer sich die UniCredit Bank Austria aus rein kapitalistischer Maxime entziehen würde. Das Bank Austria Kunstforum Wien ist eine seit fast vier Dekaden wissenschaftlich arbeitende und bestens vernetzte Institution, die obendrein wirtschaftlich vorbildlich geführt wurde und wird.

Wir bedauern die Gebarung der UniCredit Bank Austria und wünschen uns, dass sich die Stadt Wien und die Republik Österreich der herausragenden kulturellen Stellung dieses Landes erinnern und eingreifen, um noch größeren Schaden abzuwenden, indem man zumindest einen Übergang hin zu geordneten Verhältnissen und einem neuen Sponsorship gewährleistet. Wenn die Stadt Wien beim Kauf des Austria-Stadions mit 40 Millionen Euro einspringen kann, sollte ein Engagement im Finden einer Übergangslösung für das Bank Austria Kunstforum Wien ein Leichtes sein.”