“Die Kinder werden kaputt gemacht”

Die Komponistin Elisabeth Naske kritisiert die Arbeitsbedingungen der Freien Szene.
Wien Elisabeth Naske ist eine der bekanntesten Komponistinnen Österreichs. Ihre Kinderopern wurden an Volks- und Staatsoper und 2021 bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Wer annimmt, dass sie sich vor Aufträgen kaum retten kann, zumal die Wichtigkeit der Nachwuchspflege stets beschworen wird, liegt falsch. Für ihr nächstes Projekt arbeitet sie derzeit weniger an der Komposition als an der Finanzierung. “Zack bumm!” heißt das mehrfach ausgezeichnete Kinderbuch von Heinz Janisch, das die Vorlage ihrer Oper ist und von dem kleinen Vogel Sigmund erzählt. Als er aus dem Nest auf den Kopf gefallen ist, hat es ihm die Sprache verschlagen. Seither kann er nur noch eines sagen: “Zack bumm!” Er wird zum Außenseiter. Für Naske ist diese Geschichte aus mehreren Gründen ideal für das junge Publikum von heute: Sie illustriert auf einfache Weise die psychischen Probleme vieler Kinder, die sich in Sprachlosigkeit und Isolation flüchten. Sie propagiert Inklusion, weil sie das Anderssein als Bereicherung darstellt. Und sie kommt quasi ohne Text aus. “Damit ist es auch höchst geeignet für Kinder, die nicht Deutsch sprechen”.
Naske kennt die elementaren Probleme im Bildungsbereich, die von eklatantem Lehrkräftemangel bis zur Reduzierung des musisch-künstlerischen Unterrichts reichen. “Es ist eine Katastrophe, was da weg gespart wird. Es wird nicht mehr gesungen. Kinder kommen mit Instrumenten nicht mehr in Berührung. Bildung ist auch Persönlichkeitsbildung. Da gehört das Künstlerische unbedingt dazu. Die braucht es für das Menschsein!” Was Naske zudem stört: Gerade im Musiktheater für Kinder und Jugendliche herrschten Bedingungen, unter denen bestimmte Qualitätsstandards ohne Selbstausbeutung kaum zu erreichen seien. Für “Zack Bumm!” etwa gebe es ein Budget, mit dem man lediglich eine Woche Proben zahlen könnte. “Das ist im Szenischen undurchführbar. Wenn man ernsthaft arbeiten will, braucht es vier bis sechs Probenwochen. Also muss man sich auf die Suche nach weiteren Geldgebern begeben. Das ist wahnsinnig viel Arbeit.” Über Koproduzenten, Stipendien und Projektzuschüsse versucht man Bedingungen zu ermöglichen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, sagt die Komponistin, die auch Ernüchterndes über die neue Kinder- und Jugendspielstätte der Wiener Staatsoper, das NEST, zu berichten weiß: minimale Produktionsbudgets, niedrige Gagen und aufgrund der mit dem Haupt-Opernbetrieb nur wenig kompatiblen Vorstellungszeiten Mehrfachbesetzungen, die kaum proben können. “Und das bei einem Prestigeprojekt, auf das man zu Recht stolz ist”, ärgert sich Naske.