Die Wiederentdeckung einer präzisen Beobachterin

Kultur / 24.03.2025 • 14:20 Uhr
Tata Ronkholz
Der Bildband eröffnet Einblicke in Ronkholz’ Werk und zeigt, wie zeitlos und inspirierend ihr dokumentarischer Ansatz war. Tata Ronkholz

Schön gestalteter Bildband über die Fotografin, Künstlerin und Innenarchitektin Tata Ronkholz.

München Der Bildband “Tata Ronkholz – Gestaltete Welt. Eine Retrospektive” beleuchtet das vielseitige Werk einer lange unterschätzten Künstlerin. Tata Ronkholz (1940-1997) arbeitete als Fotografin, Künstlerin und Innenarchitektin. Vor allem ihre urbanen Fotografien von Kiosken, Imbissbuden und Geschäften haben in Fachkreisen Aufmerksamkeit erregt. Der Bildband erweitert diese Perspektive und präsentiert bislang wenig beachtete Serien, darunter eine eindrucksvolle Dokumentation von Industrietoren sowie ein Konvolut, das den Wandel des Düsseldorfer Rheinhafens zum modernen Medienhafen festhält.

"Tata Ronkholz - Gestaltete Welt. Eine Retrospektive"
“Tata Ronkholz – Gestaltete Welt. Eine Retrospektive”. schirmer/mosel verlag

Die retrospektiv angelegte Auswahl verdeutlicht nicht nur Ronkholzs fotografisches Gespür, sondern auch ihren gestalterischen Einfluss. Ihr Interesse ging über die Fotografie hinaus und erstreckte sich auch auf Design und Innenarchitektur. Nach einem ersten Studium an der Werkkunstschule Krefeld arbeitete sie für Möbelhäuser und später als freischaffende Produktdesignerin. Diese Schaffensphase prägte ihr Verständnis für alltägliche Gebrauchsformen und ihren Sinn für Konstruktion, Material und Oberfläche. Der Bildband zeigt diesen Einfluss anhand von fotografischen und objekthaften Beispielen.

Tata Ronkholz
Tata Ronkholz

Ihre Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie in der Klasse von Bernd Becher verband ihr praktisches Gestaltungshandwerk mit der dokumentarischen Genauigkeit der Fotografie. Besonders eindrucksvoll ist ihre Verbindung zur Düsseldorfer Schule und ihr gemeinsames Interesse mit Zeitgenossen wie Thomas Struth an der fotografischen Erfassung urbaner Räume. Ihre Aufnahmen historischer Industrie- und Hafenanlagen zeigen unvoreingenommen alltägliche Architekturen und dokumentieren zugleich den tiefgreifenden Wandel der 1970er und 1980er Jahre. Der Bildband thematisiert auch die Herausforderungen, denen sich Ronkholz in einer von Männern dominierten Kunstszene stellen musste. Während einige ihrer Kommilitonen zu internationalem Ruhm gelangten, führte ihr Werk lange ein Schattendasein. Erst in den letzten Jahren wurde seine kulturelle und dokumentarische Bedeutung wiederentdeckt. Der Bildband leistet einen Beitrag zur kunsthistorischen Aufarbeitung und rückt die historische Relevanz ihrer Fotografien in den Vordergrund. Die fotografische Dokumentation wird durch objekthafte Beispiele ihres kreativen Schaffens ergänzt. So entsteht das Porträt einer Künstlerin, die das Alltägliche neu wahrnahm und interpretierte. Ihr Œuvre verbindet Modernität mit zeitgeschichtlichem Gespür und zeugt von einem unvoreingenommenen Blick auf alltägliche Lebenswelten, gepaart mit formaler Klarheit. Ihre Arbeiten zeigen, wie eng Fotografie, Design und Innenarchitektur miteinander verbunden sind. “Tata Ronkholz – Gestaltete Welt. Eine Retrospektive” leistet einen wertvollen Beitrag zur Kultur- und Fotografiegeschichte. Der Bildband eröffnet einen neuen Blick auf ihr Werk und macht deutlich, wie zeitlos und inspirierend ihr dokumentarischer Ansatz bis heute ist.