“Immer mutig und neugierig weiter gehen”

Der Thüringer Heldentenor Michael Heim singt im Sommer erstmals bei den Bregenzer Festspielen.
Schwarzach Der Thüringer Tenor Michael Heim wird in diesem Sommer erstmals bei den Bregenzer Festspielen auftreten und den Vater des Titelhelden Oedipe singen. Bereits im April tritt er mit seiner Frau Peggy Steiner (Sopran) und Riccardo Di Francesco (Bariton) bei “Kultur im Löwen” in Hohenems auf.
Ihr Weg führte Sie von Thüringen auf die großen internationalen Opernbühnen – welche Herausforderungen und Begegnungen haben Sie dabei besonders geprägt?
Die wunderschöne Tenorstimme meines Vaters, der Metzgermeister in Thüringen war, stand ganz am Anfang. Sie erweckte in mir sehr früh den Wunsch, Sänger zu werden. Mit Unterstützung meiner Eltern, Freunde, Lehrer, klappte es. Der Ferrando in „Cosi“ an der Wiener Kammeroper war mein Debüt, ein Sprung ins kalte Wasser und ich schwamm. Immer weiter, bis heute. Ich bin in meinem Element.

Vom Mozart- zum Heldentenor: Wie hat sich Ihre Stimme über die Jahre verändert, und was bedeutet Ihnen diese Entwicklung persönlich wie künstlerisch?
Als jungem österreichischen Tenor vertraute man mir gleich große Operettenrollen an, bis heute über 40 Partien in diesem Fach. Wie bei Rene Kollo und meinem Freund Andreas Schager war die Operette die beste Schule für die großen Helden von Wagner bis Strauss. Die technische Reife verdanke ich allerdings meiner Lehrerin KS Irmgard Boas in Dresden, die heute noch, mit stolzen 96 Jahren, meine Geheimwaffe ist. Man lernt nie aus!
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Im Sommer stehen Sie bei den Bregenzer Festspielen als König von Theben in Enescus „Oedipe“ auf der Bühne. Wie nähern Sie sich dieser vielschichtigen Rolle an?
Ich freue mich riesig über mein Debüt bei den Festspielen. Welche Ehre. Die Rolle des Königs ist wichtig, aber nicht so groß, denn mein Sohn Oedipe erschlägt mich schon im 2. Akt. Die Musik ist unglaublich dicht und intensiv. Wie meine meisten Rollen erarbeite ich auch diese mit meinem Coach Jens Holzkamp von der Deutschen Oper Berlin.
In der Uraufführung von „Die Illusionen des William Mallory“ an der Hamburger Staatsoper interpretieren Sie eine Rolle, die bislang niemand vor Ihnen gesungen hat. Wie finden Sie musikalisch und darstellerisch Ihren Zugang dazu?
Gotti, meine Rolle, der ich als erster Tenor – jetzt im Mai – meinen Stempel aufdrücken darf, ist ein abgründiger Konzernchef, schmierig und durchtrieben. Die Musik ist modern, rhythmisch und harmonisch höchst komplex. Da hilft nur Drill: So lange üben, bis es einem vorkommt wie „Hänschen klein“.
Die Partie des Siegfried in Wagners „Ring“ gilt als Gipfelpunkt für jeden Heldentenor. Welche besonderen Herausforderungen und zugleich Reize bringt es mit sich, gleich beide Siegfriede – wie zuletzt in Passau – zu verkörpern?
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal etwas singen kann, das so viel Ausdauer und Konzentration verlangt. Das ist fast übermenschlich. Der Siegfried der Uraufführung ist übrigens daran gestorben. Den gesunden Weg dahin hat mir Irmgard Boas gezeigt. Man kann nicht erahnen, was eigentlich in einem steckt. Deshalb immer mutig und neugierig weiter gehen, Schritt für Schritt, hinfallen, aufstehen, immer wieder.
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Ihre Karriere hat Sie auf Bühnen von Tokio bis New York geführt. Welche Eindrücke aus Ihrer Vorarlberger Heimat begleiten Sie dabei stets?
In meinen Genen trage ich meine ganze Heimat: die Lebensart, die Sprache, die Tugenden, das gute Essen. Je weiter weg man ist, umso wichtiger wird Heimat.
Bei den Frühlingskonzerten in Hohenems treten Sie gemeinsam mit Ihrer Frau Peggy Steiner auf. Worauf dürfen sich die Vorarlberger Konzertbesucher besonders freuen?
Die Frühlingskonzerte im Emser Löwensaal – heuer am 3. und 4. April – bestreiten wir mit unseren Freunden Riccardo Di Francesco und André Vitek. Das Publikum erwartet ein komplett neues Programm. Neben Highlights aus Oper und Operette singen wir zum 200. Geburtstag von Johann Strauss das komplette Finale 1 aus der „Fledermaus“.