Webers „Freischütz“ für junges Publikum

Die Seeaufführung der Bregenzer Festspiele in neuer Perspektive.
Bregenz Am 30. März feierte die Kinderfassung von Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ im Festspielhaus Bregenz Premiere. Die Produktion entstand in Koproduktion mit der Staatsoper Unter den Linden in Berlin, wo sie bereits Mitte Februar Premiere hatte. Unter der musikalischen Leitung von Elias Corrinth spielte das Symphonieorchester Vorarlberg eine für ein junges Publikum adaptierte Fassung der romantischen Oper – konzentriert auf wesentliche Motive, mit verkürzter Spieldauer und angepasster szenischer Struktur.

Regisseurin Kai Anne Schuhmacher hat den ursprünglich in der Welt der Jäger angesiedelten Stoff in die Gegenwart verlegt. Die Handlung beginnt auf einem Schulhof: Max steht unter dem Druck, beim Fußballspiel zu bestehen, um in seiner Gruppe akzeptiert zu werden. Als er scheitert, wird er von Kilian ausgegrenzt. In dieser Situation begegnet er dem Außenseiter Kaspar, der ihm ein geheimnisvolles Mittel verspricht, das ihm Sicherheit geben soll.

Im Mittelpunkt der Inszenierung steht die direkte Einbeziehung des Publikums. Die Kinder wurden ermutigt, als Wind, Wölfe oder Lichtgestalten aktiv in das Bühnengeschehen einzugreifen. Die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum wurde bewusst aufgehoben. So entstand ein offener Spielraum, in dem sich Erzählstruktur und musikalische Aktion durchlässig begegnen konnten.
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Die musikalische Umsetzung durch das Symphonieorchester Vorarlberg zeichnete sich durch rhythmische Präzision und kontrollierte Dynamik aus. Unter Corrinths Leitung gelang eine klanglich differenzierte Interpretation, die Webers Musik in ihrer Mischung aus Volkstümlichkeit, Marschrhythmen und dramatischen Zuspitzungen auch einem jungen Publikum unmittelbar zugänglich machte. Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit mit Superar Vorarlberg und der Musikschule Bregenz. Beide Institutionen hatten im Vorfeld mit den teilnehmenden Kindern geprobt. Auch die sängerischen Leistungen des Jugendchores der Staatsoper Unter den Linden gingen weit über das Niveau bloßer Nebenrollen hinaus.

Die solistischen Leistungen waren durchweg überzeugend: Sonja Herranen als Agathe, Matthias Hoffmann als Kaspar, Serafina Starke als Ännchen und Andrés Moreno García als Max bildeten ein homogenes Ensemble mit klarer Textgestaltung und präsenter Bühnenwirkung.

Die thematische Gewichtung der Inszenierung – Leistungsdruck, Gruppenzwang, Unsicherheit, Entscheidungsspielräume – wirkte nicht pädagogisch überformt, sondern ergab sich organisch aus der Handlung. Die Oper nahm ihre jungen Zuschauer ernst und formulierte keine simplen Botschaften, sondern eröffnete Erfahrungsräume, in denen Musik und Szenisches eng miteinander verwoben waren.

Insgesamt erwies sich die Produktion als gelungene Umsetzung eines anspruchsvollen Vorhabens. Statt bloßer didaktischer Absicht entstand ein szenisch und musikalisch geschlossenes Format, das zeigt, wie klassische Stoffe in zeitgemäßer Form auch für junge Zielgruppen produktiv gemacht werden können. Der „Freischütz für Kinder“ markiert damit einen überzeugenden Beitrag zu der Frage, wie Musiktheater im Kontext kultureller Bildung heute aussehen kann – jenseits wohlfeiler Vermittlungsgesten.