Ein Abend voller musikalischer Feinsinnigkeit

Symphonieorchester Vorarlberg glänzte unter Giuseppe Mengoli in Feldkirch und Bregenz.
Feldkirch/Bregenz Sowohl im Montforthaus Feldkirch als auch im Festspielhaus Bregenz präsentierte das Symphonieorchester Vorarlberg ein bemerkenswert konzentriertes Konzert. Unter der Leitung von Giuseppe Mengoli zeigte das Ensemble ein hohes Maß an klanglicher Disziplin und klarer formaler Orientierung. Das Programm spannte einen Bogen von impressionistisch geprägten Miniaturen bis hin zu spätromantischen Klangverdichtungen.

Eröffnet wurde der Abend mit Lili Boulangers „D’un matin de printemps“. Das kurze Orchesterstück wirkt auf den ersten Blick leicht, birgt aber eine filigrane Struktur, die vom Orchester präzise herausgearbeitet wurde. Rhythmische Brechungen, feine Kontraste und ein zartes Farbspektrum blieben stets transparent. Boulangers Handschrift wurde bei aller Prägnanz ernst genommen.

Mit Alexander Glasunows Konzert für Saxophon und Streichorchester folgte ein spätromantisches Werk, das durch seine formale Klarheit überzeugte. Solistin des Abends war Asya Fateyeva. Ihr Spiel zeichnete sich durch große Kontrolle und strukturelles Denken aus. Die Wirkung wurde nicht durch virtuose Attitüde erzielt, sondern durch eine konsequent durchgeformte Linie. In den lyrischen Passagen gelang es Fateyeva, das Soloinstrument organisch mit dem Orchesterklang zu verbinden. Auch rhythmische Schärfe und kammermusikalisches Zusammenspiel waren gut ausbalanciert. Als Zugabe spielte sie mit leichter Hand “Vif” aus dem ersten Satz von Darius Milhauds „Scaramouche“.

Nach der Pause stand Claude Debussys „Prélude à l’après-midi d’un faune“ auf dem Programm. Mengoli führte das Orchester mit großer Ruhe durch das Stück. Übergänge, Dynamikwechsel und Holzbläsersoli blieben in der Fläche verankert. Der Gesamtklang wurde nicht durch Detailversessenheit zerstückelt, sondern als flexibler Fluss behandelt.

Es folgte Boulangers „D’un soir triste“, das wenige Monate vor ihrem Tod entstand. Die Musik ist zurückhaltend, fast ohne äußeres Geschehen, formt sich aus gestischen Resten und schattierten Farben. Das Orchester zeichnete diesen Gestus ohne Übertreibung nach. Der Klang blieb auch in den dichter besetzten Passagen schlank. Ein Werk, das keiner dramatischen Zuspitzung bedarf, sondern durch seine reduzierte Anlage wirkt.

Den Abschluss bildete Debussys „La mer“. Auch hier blieb Mengoli seinem Ansatz treu: keine Überwältigung, keine klangliche Breite um ihrer selbst willen. Die Steigerungen wirkten nicht als Selbstzweck, sondern aus der Struktur heraus motiviert. Im Mittelteil – dort, wo Debussys Material fast auseinanderzufallen scheint – hielt das Orchester die Spannung. Die Dichte nahm zu, ohne dass die Konturen verloren gingen.

Mengolis Dirigat ist keine expressive Geste. Es basiert auf analytischer Klarheit, ohne steril zu wirken. Auffallend war die klangliche Homogenität vor allem der Bläsergruppen und das Zusammenspiel der Streicher. Auch die Tutti-Passagen gerieten nicht plakativ, sondern blieben in der Form verankert.

Das Konzert machte deutlich, dass sich klangliche Transparenz und formale Strenge nicht ausschließen. Die Programmgestaltung, in der selten Gespieltes neben Repertoirewerken stand, bot einen durchdachten Rahmen. In der Aufführung wurde keine Note zur Schau gestellt, sondern eine Haltung entwickelt, die das Ensemble als seriöses, sorgfältig arbeitendes Orchester zeigte. Auffallend war die Konsequenz, mit der Mengoli auf jede gestische Aufladung verzichtete. Stattdessen wurde der Klang als Ordnungsmittel behandelt – nicht als Pose.