Museum sucht neuen Direktor: Visionär mit Mut zum Diskurs verabschiedet sich

Kultur / 08.05.2025 • 16:28 Uhr
PK neue Ausstellung "Am Rand. Zusammen leben in der Unergass' Portraits Kuratorin Hanno Loewy
Loewy stellte die Weichen für eine spannende Entwicklung des Jüdischen Museums. roland paulitsch

Hanno Loewy verabschiedet sich Ende März 2026 in den Ruhestand. Jüdisches Museum in Hohenems sucht einen Nachfolger.

Hohenems Hanno Loewy, geboren am 17. Februar 1961 in Frankfurt am Main, ist ein deutscher Literatur- und Medienwissenschaftler, Publizist und Ausstellungsmacher. Seit 2004 ist er Direktor des Jüdischen Museums Hohenems. Loewy hat die Weichen für eine spannende Weiterentwicklung gestellt, als Ort innovativer Ausstellungspraxis ebenso wie als Ort des Diskurses und der Begegnung.

Jüdisches Museum Hohenems
Loewys Wirken hat nicht nur das Jüdische Museum Hohenems geprägt, sondern auch wichtige Impulse für den gesellschaftlichen Diskurs über Erinnerung, Identität und Vielfalt gegeben.Jüdisches Museum Hohenems

Loewy studierte Literaturwissenschaft, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft sowie Kulturanthropologie in Frankfurt am Main. An der Universität Konstanz promovierte er über den ungarisch-jüdischen Filmtheoretiker Béla Balázs und die Ideengeschichte des Films im Kontext der ästhetischen, philosophischen und politischen Utopien des frühen 20. Jahrhunderts.

Rad-Hörweg "Über die Grenze" PK mit Hanno Löwy und anderen
Loewy war auch maßgeblich beim Projekt “Über die Grenze” beteilgt. Oliver Lerch pauschal

Seit 1982 ist Loewy als Publizist und Kurator tätig. Er war maßgeblich an der Konzeption der Dauerausstellungen des Jüdischen Museums Frankfurt am Main und des Jüdischen Museums Berlin beteiligt. Von 1995 bis 2000 war er Gründungsdirektor des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt, dessen Abteilung Erinnerungskultur und Rezeptionsforschung er anschließend bis 2003 leitete.
Seit 2004 prägt Hanno Loewy das Jüdische Museum Hohenems. Als Direktor positionierte er das Museum als Plattform für eine kritische und zeitgemäße Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte, Kultur und Gegenwart. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Museum zu einer international anerkannten Institution.

Museum sucht neuen Direktor: Visionär mit Mut zum Diskurs verabschiedet sich
Hanno Loewy steht vor dem Eingang des Jüdischen Museums Hohenems beim 20-Jahr-Jubiläum. APA/ANGELIKA GRABHER

Loewy setzte auf innovative und diskussionsfreudige Ausstellungskonzepte. Themen wie Diaspora, Migration, kulturelle Identität und Erinnerungskultur standen dabei im Mittelpunkt. Besonderen Wert legte Loewy darauf, historische Themen eng mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Antisemitismus, Rassismus und kultureller Vielfalt zu verknüpfen.
Eine der erfolgreichsten Ausstellung war „All about Tel Aviv-Jaffa: Die Erfindung einer Stadt“ (2019). Sie thematisierte die komplexe kulturhistorische Entwicklung der israelischen Metropole und beleuchtete ihre jüdischen und arabischen Wurzeln.

Museum sucht neuen Direktor: Visionär mit Mut zum Diskurs verabschiedet sich
Eine der erfolgreichen Ausstellungen ist “Yalla. Arabisch-jüdische Berührungen”. philipp steurer

Die Ausstellung steht exemplarisch für Loewys Ansatz, komplexe historische Zusammenhänge aus unterschiedlichen Perspektiven darzustellen und damit auch kontroverse gesellschaftspolitische Diskussionen anzustoßen.
2022 erhielt das Jüdische Museum Hohenems unter Loewys Leitung den Österreichischen Museumspreis – eine bedeutende Auszeichnung, die insbesondere die innovative und mutige Vermittlungsarbeit des Museums würdigt. Die Jury hob ausdrücklich die gesellschaftspolitische Relevanz und das hohe Niveau der von Loewy kuratierten Projekte hervor.

Museum sucht neuen Direktor: Visionär mit Mut zum Diskurs verabschiedet sich
Loewy prägt das Jüdische Museum seit mehr als 20 Jahren. philipp steurer

So habe Loewy das Museum nicht nur als Ort des kulturellen Gedächtnisses etabliert, sondern zu einer lebendigen Institution gemacht, die aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teilnimmt. Sein Wirken hat die Wahrnehmung jüdischer Kultur und Identität in der europäischen Museumslandschaft nachhaltig geprägt.

Jüdisches Museum
Loewy konnte für “sein” Museum unter anderen den Rheintaler Kulturpreis entgegen nehmen. rau

Neben seiner musealen Tätigkeit ist Loewy seit 2001 Lehrbeauftragter für Literatur- und Medienwissenschaft an der Universität Konstanz. Er hat zahlreiche Bücher zu Themen wie Holocaust-Rezeption, jüdische Geschichte, Filmtheorie und Antisemitismus veröffentlicht. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen „Holocaust: Die Grenzen des Verstehens“ (1992) „Hast Du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte” (2009), “Jukebox. Jewkbox! Ein jüdisches Jahrhundert auf Schellack & Vinyl” (Hohenems 2014), “Über die Grenze. 52 Fluchtgeschichten zwischen Bodensee und Gebirge 1938 bis 1945” (2023).