Christoph Schönfelders „Italienische Nacht“

Kultur / 03.07.2025 • 11:43 Uhr
Italienische Orgelnacht
Christoph Schönfelder entführte das Publikum in einen Klangraum mediterraner musikalischer Farben. andreas marte

Musikalische Glanzstücke mit Verdi, Albinoni, Rossini und viele mehr.

St. Gallen Ein heißer Sommerabend, ein ehrwürdiger Kirchenraum und ein Programm, das sich ganz dem Klangzauber Italiens widmete: Die „Italienische Nacht“ in der Kathedrale von St. Gallen wurde zu einer eindrucksvollen Demonstration dessen, wozu die Orgel fähig ist, wenn ein Künstler wie Christoph Schönfelder die Register zieht. Der in Regensburg geborene Musiker, der seine musikalischen Wurzeln bei den Domspatzen fand und später in Italien bei Francesco Finotti Orgelmusik studierte, entführte das Publikum in einen weiten Klangraum mediterraner Farben und dramatischer Kontraste.

Schon Marco Enrico Bossis „Entrée Pontificale“ aus op. 104 – festlich, klangreich und mit subtilen Crescendi durchsetzt – ließ aufhorchen. Schönfelder verstand es, den majestätischen Charakter des Werkes zu entfalten, ohne ins Pathetische zu kippen – alles war getragen von einer klaren architektonischen Linie und fein abgestimmter Registrierung. Mit Tomaso Albinonis berühmtem Adagio in g-Moll, das im 20. Jahrhundert unter Giazottos Händen zu einem melancholischen Evergreen geworden ist, schuf Schönfelder einen Moment der Versenkung. Jeder Ton schien in den Raum zu schweben, getragen vom Atem der Stille. Am Ende stand eine berührende Innigkeit, die das Publikum spürbar ergriff. Im Concerto in a-Moll, BWV 593 von Johann Sebastian Bach, brillierte Schönfelder mit rhythmischer Präzision, lebendigem Drive und einem fein ausbalancierten Spiel der kontrapunktischen Linien. Hier kam seine klangliche Durchdringungskraft besonders zur Geltung – ein Dialog barocker Klarheit und italienischer Vitalität.

Italienische Orgelnacht
Italienische Orgelnacht in Kathedrale St. Gallen. andreas marte

Ein weiterer Höhepunkt war die selten gespielte „Pièce Héroïque” op. 128 von Bossi, die Schönfelder als dramatische Klangszenerie entfaltete – mit düsterem Beginn, kämpferischem Mittelteil und triumphaler Steigerung. Hier bewies der Domorganist seine Fähigkeit, großflächige Spannungsbögen zu gestalten und dabei emotionale Tiefe zu erzeugen, ohne je sentimental zu werden. Den dramaturgischen Gipfel bildete jedoch Schönfelders eigene Improvisation über Themen aus Giacomo Puccinis „Tosca“ – ein musikalisches Abenteuer zwischen sakralem Raum und Opernbühne. In freier Fantasie ließ er Motive wie „Vissi d’arte“ und „E lucevan le stelle“ auftauchen, verformen, dramatisch aufblühen und versinken. Der Klang wurde hier zum Instrument expressiver Erzählung – mit harmonischer Kühnheit, theatralischer Geste und orgeltechnischer Meisterschaft.

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Den Abschluss bildete Rossinis fulminante Ouvertüre zu „Wilhelm Tell“ in einem Arrangement von H. Lemar: virtuos, witzig und kontrastreich. Schönfelder nutzte die Klangfülle der Kathedrale, ohne sie auszureizen, und führte das Publikum mit sicherem Sinn für Dynamik und Struktur von der friedlichen Morgenstimmung bis zum stürmischen Galopp.