“Wir leben in interessanten Zeiten”

Kultur / 16.07.2025 • 13:28 Uhr
"Wir leben in interessanten Zeiten"
Bundespräsident Van der Bellen rief in seiner Rede zur Verteidigung der liberalen Demokratie auf. Stiplovsek Dietmar pauschal

Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnete am Mittwoch die 79. Bregenzer Festspiele.

bregenz Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterstrich in seiner Rede die wachsende Gefährdung liberaler Demokratien, die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen für Europa sowie die Risiken, die von technokratischen Eliten und disruptiven Technologien ausgingen.

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Andreas Babler: „Unsere Demokratie wurde aus dem radikalen Gedanken geboren, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und gleich viel mitbestimmen kann”. Stiplovsek Dietmar pauschal

Statt sich in Pessimismus zu verlieren, warb er für einen nüchternen, realistischen Blick, gepaart mit Lernbereitschaft und der Bereitschaft zur verstärkten europäischen Zusammenarbeit – etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz, der Verteidigung oder der Infrastruktur.

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Festspielpräsident Hans-Peter Metzler läutete die Ära “Lilli Paasikivi” ein. philipp steurer

Diese „interessanten Zeiten“, so Van der Bellen, sollten nicht als Bedrohung verstanden werden, sondern als Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen.

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Die neue Intendantin der Bregenzer Festspiele, Lilli Paasikivi. Stiplovsek Dietmar pauschal

Man könne das Wort „interessant“ auch positiv lesen: „Als stimulierend, anregend, fordernd – und letztlich als etwas, das uns dazu bringt, Neues über uns selbst und über die guten Seiten des Menschseins zu lernen.“ Zu diesen guten Seiten zählten, ohne Zweifel, Kunst und Kultur. Festspiele wie jene in Bregenz hätten, so Van der Bellen, einen bleibenden Wert für das Land.

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Irina Simmes sang die Arie der Agathe aus dem dritten Akt.philipp steurer

Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler: „In jedem Menschen steckt ein ganzes Universum. Ein Universum voller Träume, Sorgen und Wünsche. Wenn wir diese Vielfalt ernst nehmen, bewahren wir den radikalen Gedanken, auf den unsere Republik gründet: Dass jede und jeder zählt. Kunst ist etwas Wunderbares. Durch sie können wir in die Gedankenwelt verschiedener Protagonisten eintauchen und erfahren dadurch etwas Neues – manchmal auch über uns selbst.“

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Die Sängerinnen und Sänger sangen einen Ausschnitt aus “La Cenerentola”. philipp steurer

Als Festspielintendantin Lilli Paasikivi Festspielpräsident Hans-Peter Metzler auf die Bühne bat und ihm mit einem Lächeln zehn Minuten Redezeit ankündigte, konterte dieser augenzwinkernd mit einem Seitenhieb auf die jüngsten Budgetkürzungen: „Schön wär’s – mir wurden 30 Prozent gestrichen, ich darf nur sieben Minuten sprechen.“

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Der finnische Dirigent Hannu Lintu. philipp steurer

Als der Scherz verklungen war, wurde sein Tonfall wieder ernst: „Die Bregenzer Festspiele stehen seit ihrer Gründung für Aufbruch – entstanden aus bürgerlicher Initiative, getragen vom Glauben an die verbindende Kraft der Kunst, gewachsen mit einer klaren Haltung: Das Beste zu zeigen, ohne elitär zu sein. Die Welt auf die Bühne zu holen – und gleichzeitig aus dem Geist dieses besonderen Ortes zu schöpfen. Immer wieder neu, immer wieder mutig. In einer Zeit, in der so vieles in Bewegung ist – politisch, gesellschaftlich, global –, wächst auch die Verantwortung für die Kunst. Denn Kunst ist nicht nur schön. Sie ist nicht nur unterhaltsam. Kunst kann Haltung zeigen. Sie kann Grenzen öffnen, Menschen verbinden, Komplexität zulassen – und Hoffnung stiften“.

"Wir leben in interessanten Zeiten"
Zu Beginn wurden die österreichische Bundeshymne und die Vorarlberger Landeshymne gesungen. philipp steurer

Bis 17. August stehen 80 Veranstaltungen auf dem Programm, für das rund 220.500 Karten aufgelegt wurden.