Bregenzer Festspiele erleben Sternstunde

Mao Fujita, Petr Popelka und die Wiener Symphoniker begeistern beim 3. Orchesterkonzert.
Bregenz Das dritte Orchesterkonzert der Bregenzer Festspiele entfaltete am Montagabend eine beeindruckende musikalische Intensität und bescherte dem Publikum einen wahren Glanzpunkt. Auf dem Programm standen zwei monumentale Werke der Spätromantik: Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30 und Richard Strauss’ symphonische Dichtung „Also sprach Zarathustra“. Unter der Leitung von Petr Popelka präsentierten sich die Wiener Symphoniker in glänzender Form, begleitet von einem Pianisten, dessen Talent derzeit seinesgleichen sucht: Mao Fujita.

Bereits mit den ersten Tönen von Rachmaninows drittem Klavierkonzert zog Mao Fujita das Publikum in seinen Bann. Das Werk hat einen fast mythischen Ruf, ist technisch höchst anspruchsvoll und emotional überwältigend. Vladimir Horowitz, einer der größten Rachmaninow-Interpreten des 20. Jahrhunderts, bekannte einmal: „Dieses Konzert ist das schwierigste von allen – nicht nur technisch, sondern auch geistig.“ Tatsächlich verlangt das Werk dem Solisten alles ab: Kraft, Ausdauer, Fingerspitzengefühl und Vorstellungskraft. Doch wer sich auf dieses Abenteuer einlässt, betritt ein Reich, das jenseits der Mechanik liegt. Fujita meisterte diese Herausforderung mit scheinbar spielerischer Souveränität und gleichzeitig berührender Eindringlichkeit. Sein Spiel besaß jene seltene Mischung aus temperamentvoller Virtuosität und zarter Lyrik, die das Konzert zu einem unvergesslichen Erlebnis machte. Bereits das schlichte, fast volksliedhafte Anfangsmotiv des ersten Satzes klang bei ihm frisch und authentisch. Im Verlauf offenbarte er mühelos die Facetten des Werks – von der klagenden Meditation bis zur leidenschaftlichen Eruption.

Im zweiten Satz, dem Intermezzo, zeigte Fujita eindrucksvoll seine Fähigkeit, poetische Ruhe mit unterschwelliger Spannung zu verbinden. Die präzise Kommunikation zwischen Klavier und Orchester verlieh der Musik eine intime Atmosphäre. Doch es war das Finale, in dem Fujitas virtuose Kraft vollends zur Geltung kam. Die dynamischen und rhythmischen Herausforderungen bewältigte er mit verblüffender technischer Leichtigkeit, Reife und expressiver Klarheit, die weit über seine jungen Jahre hinausweisen. Die Reaktion des Publikums ließ keinen Zweifel an der Begeisterung zurück: Nach dem letzten Ton erhob es sich von den Sitzen und feierte Fujita mit minutenlangen Ovationen, die erst durch eine Zugabe des Pianisten beendet wurden.

Nach der Pause folgte Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“, jene ikonische sinfonische Dichtung, die mit dem weltberühmten Sonnenaufgangsmotiv beginnt und durch Kubricks Film „2001: Odyssee im Weltraum“ einem breiten Publikum bekannt ist. Dirigent Petr Popelka führte die Wiener Symphoniker souverän durch die klanggewaltige Partitur, die nicht nur monumentale Kraft, sondern auch ein hohes Maß an subtiler Klanggestaltung verlangt. Popelka interpretierte das Werk mit einer bemerkenswerten Balance zwischen ekstatischem Pathos und analytischer Klarheit. Die berühmte Anfangsfanfare erklang kraftvoll und präzise; noch beeindruckender war jedoch der nuancierte Umgang mit den vielfältigen Klangfarben, die Strauss in diesem Werk entfaltet. Besonders in den ruhigen Passagen, etwa der Doppelfuge „Von der Wissenschaft” und dem walzerhaften „Tanzlied”, offenbarte sich die Qualität des Orchesters: Die Holzbläser überzeugten mit lyrischer Wärme, die Streicher mit klarem, transparentem Spiel.

Der Schluss der Tondichtung, jene berühmte, rätselhafte Schwebe zwischen C und B, hinterließ einen Eindruck von tiefer Ambivalenz – eine gelungene interpretatorische Entscheidung Popelkas. Er schloss das Werk nicht mit einem pathetischen Ausrufezeichen ab, sondern ließ bewusst Raum für Reflexion. Das Publikum würdigte auch diese Interpretation mit lang anhaltendem, begeistertem Applaus. Der Abend erwies sich in seiner Kombination aus technischer Brillanz und musikalischer Intelligenz als eines jener Konzertereignisse, die nachhaltig in Erinnerung bleiben. Mit Mao Fujita und Petr Popelka haben die Wiener Symphoniker eine Darbietung präsentiert, die sowohl durch individuelle Glanzleistungen als auch durch überzeugendes gemeinsames Musizieren begeisterte. Ein denkwürdiger Höhepunkt der diesjährigen Bregenzer Festspiele.