Kommentar: Wo ist all das Geld?

Kultur / 17.10.2025 • 11:24 Uhr
Kommentar: Wo ist all das Geld?

Derzeit werden überall die Budgets für das kommende Jahr ausverhandelt, weitgehend ist das grausame Spiel schon erledigt, wenn es auch erst im Dezember beschlossen wird. Im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden. Und nirgends, in nicht einem kleinen Fleck, gibt es keine Probleme, überall ist zu wenig Geld da, überall muss gespart werden – mit zum Teil drastischen Folgen. Neuverschuldungen in bisher unbekannten Größenordnungen sind die Folge, viele Projekte, die nicht mehr oder nicht weiter ausgeführt werden können. Sparen vor allem bei den Ärmsten, bei den Sozialleistungen – was besonders beschämend ist in einem Staat, der trotz allem zu den reichsten der Welt gehört –, sparen in der medizinischen Versorgung, sparen überall. Überall, ist man versucht, mit Asterix und Obelix zu fragen? Nein, nicht überall. Bei den beton- und grünflächenfressenden Infrastrukturprojekten im ganzen Land wird nicht gespart, da gibt man eher Gas, so, als stünden wir am Anfang eines sich neu motorisierenden Zeitalters. Ebenso gilt das bei den Großbauten von Lech bis Bregenz, die mehr dem Denkmal der Politiker dienlich sind als den Menschen. Davon, dass bei den Budgets Schwerpunkte gesetzt werden, die dem Menschen nützen, ist weit und breit nichts in Sicht. Da wird gekürzt. Und das gilt – natürlich und nicht zuletzt – auch für die Kultur.

Das mussten schon die Bregenzer Festspiele spüren, denen der Bund 30 Prozent seiner Förderung für die nächsten zwei Jahre gekürzt hat. Und logischerweise machen das dann auch das Land und die Stadt Bregenz im vereinbarten Prozentschlüssel. Da geht also viel Geld verloren, dem – peinlicherweise – auch das Theater im Spielplan der Festspiele geopfert wird. Das spüren auch die anderen “Großen”, das Kunsthaus, das Landestheater und das Landesmuseum. Überall muss Programm am Altar des Budgets geopfert werden. Und dann sind da noch die vielen Kleinen im Land, bei denen Kürzungen eine Bedrohung der Existenz darstellen. Wir haben das Glück, über das ganze Land verteilt eine Vielzahl von Kulturveranstaltern, von Musik- oder Theatergruppen oder von Ausstellungshäusern auf Vereinsbasis zu haben, die ungemeine Bewegung ins kulturelle Leben bringen. Sie zu gefährden, ist nicht nur fahrlässig, das zeigt nämlich, dass man, um mit Alt-Landeshauptmann Herbert Kessler zu sprechen, “das Wichtige nicht vom Unwichtigen unterscheiden kann”.

Man fragt sich, wo all das Geld ist. Denn so lange ist es ja nicht her, höchstens zwei Jahre, dass man uns erklärt hat, dass wir auf finanziell gesunden Beinen stehen, dass ein Sparbudget in ganz, ganz weiter Ferne, weithin nicht sichtbar ist. Und kaum tritt die alte Regierung ab, ist alles ganz anders, geradezu eine finanzielle Katastrophe. Dabei ist es ja nicht so, dass da lauter neue Personen am Werk sind, nein, die dominante Partei, die ÖVP, war damals wie heute. Wie also kann das sein? Wo ist all das Geld, von dem man uns vor Kurzem noch gesagt hat, dass es da ist? Man möge uns das erklären oder die absurden Sparmaßnahmen zurücknehmen und am richtigen Platz sparen.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.