VN-Kommentar: Ehre, wem Ehre gebührt

Es war durchaus eine Überraschung, als vor mehr als zwanzig Jahren – im Jahr 2004 – Hanno Loewy als neuer Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems bestellt wurde. Es war nicht gerade die Hochzeit des Museums, dessen Anfänge in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreichen. 1986 wurde der Verein “Jüdisches Museum Hohenems” in der Hoffnung gegründet, die von der Gemeinde kurz vorher erworbene Villa Heimann-Rosenthal zu einem Museum für die ehemalige Jüdische Gemeinde zu machen. Kurt Greussing wurde beauftragt, für die von Roland Gnaiger restaurierte Villa ein Museumskonzept zu erarbeiten, 1991 wurde das Museum unter der ersten Direktorin Eva Grabherr eröffnet und fand erstaunlich schnell hohe Anerkennung – auch international. Nach dem Abgang von Grabherr gab es längere Turbulenzen, bis Hanno Loewy 2004 die Leitung übernahm. Loewy war eher einem kleinen Kreis bekannt, er hatte an der Universität Konstanz Literatur- und Filmwissenschaft studiert, hatte Dauerausstellungen an den Jüdischen Museen in Frankfurt und Berlin konzipiert.
Die Bestellung von Hanno Loewy war ein Glücksgriff, er schrieb eine mehr als zwanzigjährige Erfolgsgeschichte für Hohenems. Einen vorläufigen Höhepunkt fand das, als Loewy diese Woche von Bundespräsident Alexander Van der Bellen das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen bekam. Eine große Ehre – und eine verdiente Ehre, die Hanno Loewy noch zeitgerecht erreicht, denn mit Ende März 2026 wird er als Direktor des Museums in Pension gehen. Die Ausschreibung für seine Nachfolge ist bereits in der Endphase, in Kürze wird man den Namen der neuen Direktorin oder des neuen Direktors erfahren. Und man darf jetzt schon sagen, dass die neue Leitung in Hohenems in Fußstapfen treten wird, die nur schwer auszufüllen sein werden. Denn Hanno Loewy hat Spuren hinterlassen, die nicht nur dem Museum, sondern auch der Stadt Hohenems und dem Land Vorarlberg Wertigkeit und Anerkennung gebracht haben, die nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Die ganz große Auffälligkeit, mit der Hanno Loewy das Jüdische Museum ausgestattet hat, war der – gelungene – Versuch, nicht nur die unsagbar grausame Geschichte, die das jüdische Volk vor allem während der NS-Zeit auch in Hohenems erfahren musste, in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Er hat nicht zuletzt auch das aktuelle jüdische Leben in Israel im schwierigen Umfeld mit den Palästinensern zum Thema gemacht, ohne dabei einseitig zu werden. Bestes Beispiel: die eben zu Ende gegangene Ausstellung “Yalla. Arabisch-jüdische Berührungen”. Gerade durch die laufende Eskalation im Nahen Osten hat Hanno Loewy dafür nicht nur Lob bekommen – und trotzdem blieb er seiner Linie treu. Viele Aktionen – etwa der “Hör-Radweg”, der 52 Fluchtgeschichten und -stationen der Juden vom Rhein bis in den Vorarlberger Süden bringt – könnte man als Beispiel für Hanno Loewys Arbeit noch aufzählen. Aber das muss jetzt nicht alles sein, da ist noch Zeit bis zu seiner Pensionierung. Vorläufig: Herzliche Gratulation zum Ehrenkreuz.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.