Wortklauberei

Leserbriefe / 24.07.2023 • 17:57 Uhr

Derzeit hat das Eigenschaftswort „normal“ die Medien- und politische Disputhoheit. Für mich ist „normal“ ein allgemein gebräuchlicher Begriff, mit dem man seine persönliche Ansicht (Einordnung) von Verhalten, Ansichten, Abläufen etc. ausdrückt. Nun hat es die Landeshauptfrau von Niederösterreich gewagt, mit diesem Begriff eine Unterscheidung zu Anderen darzustellen. Politische Gegner haben sich beeilt, in anmaßender Selbstgerechtigkeit dies zu skandalisieren und so eine Debatte über das Wort „normal“ vom Zaun zu brechen. Obwohl wir Probleme wie Teuerung, hohe Inflation, Mieten und Energiepreise, Schießkrieg in Europa, explodierende Staatsverschuldung usw. haben, scheint das auf einmal nebensächlich zu sein, man errichtet ein moralistisches Tribunal über das Wort „normal“, an dem sich auch der Bundespräsident in einer einseitigen Sichtweise beteiligt. Das anhaltende Gezänk um den Begriff „normal“ beweist, dass wir keine Streitkultur („gepflegte Polemik und Lust an der Debatte“ Zitat von Norbert Bolz aus „Der alte weiße Mann“) mehr haben. Wer eine andere Meinung vertritt, wird (ohne faktenbasierte Argumente) beschimpft und in eine Schublade (z.B. präfaschistisch) gesteckt. Man glaubt das „Monopol der richtigen Wörter“ zu haben und frönt einer Political Korrektheit. Abschließend: „Für mich nicht normal sind ein Hund, der miaut und eine Katze, die bellt.“

Günther Wieser, Lochau