Schwierigkeiten für die Grünen

Leserbriefe / 12.05.2024 • 19:32 Uhr

Die Bekanntmachung des privaten Verhaltens der Grünen Spitzenkandidatin für die EU-Wahl wirft grundlegende Fragen auf. Kann und darf man das private Verhalten vom politischen Tun und Wirken ausklammern bzw. trennen? Persönlich vertrete ich die Auffassung, dass der Politiker mit seiner Wahl zum Bevollmächtigten und Vertreter seines Wählers wird und der Wähler daher Anspruch darauf hat, umfassende Information zu erlangen, wen er mit seiner Vertretung beauftragt. Der Wähler darf daher sich durchaus nicht nur über die politischen Interessen, sondern auch über die private Lebensweise seines Vertreters kundig machen. Im gegebenen Anlassfall verweise ich auf jenes Beispiel, wie sich Jesus in einem solchen Fall verhalten hat. Als eine „Meute“ eine Ehebrecherin (Ehebruch wurde damals mit der Todesstrafe durch Steinigung geahndet) zu Jesus brachte, hat er erklärt, dass derjenige, der ohne Sünde sei, den ersten Stein werfen solle. Kein einziger Stein wurde geworfen, die Menge löste sich auf. Warum wohl? Weil dort jeder aus der Menge wusste, dass Jesus auch alle seine eigenen Verfehlungen im Detail kennt. Und Jesus sagte zur Frau: „Gehe hin und sündige nicht mehr!“ Warum läuft es hier anders? Weil möglicherweise viele der Ankläger glauben, dass allfälliges eigenes privates Fehlverhalten für den Wähler weiterhin im Dunkel bleibe?

Dr. Hermann Böckle, Dornbirn