Sind Spontanabort und Abtreibung gleichzusetzen?
Vielleicht bin ich ein wenig schwer von Begriff, aber wenn ich den Leserbrief des Psychologen und Philosophen Dr. Ruschmann richtig verstanden habe, meint er, es bestehe kein Unterschied zwischen einer natürlichen und einer künstlich eingeleiteten Fehlgeburt. Das klingt für mich, als wolle jemand sagen, weil jedes Jahr viele Bergsteiger abstürzen, habe er das Recht, einen missliebigen Zeitgenossen bei Gelegenheit über eine Felskante zu stürzen. Natürlich sind alle Abtreibungsgegner davon überzeugt, dass zu einem werdenden Leben schon im Mutterleib eine Seele gehört. Aber sie sind auch der Ansicht, dass Leben ein Geschenk Gottes ist und dass wir nicht das Recht haben, es willkürlich zu vernichten, und sei es schon im Mutterleib. Sie sind auch der Überzeugung, dass es dabei nicht um Karma geht, sondern dass wir Menschen für alles, was wir in unserem Leben getan haben, zur Verantwortung gezogen werden. Sie glauben daran, dass Gott nicht nur ein „lieber Gott“ ist, sondern auch ein „gerechter Gott“, der keine Sünde ungestraft lässt, außer wir bitten ihn um Vergebung. In ihren Augen ist Abtreibung eine Sünde. Bei allem Verständnis der Notlage der Frauen, sie tragen in sich einen werdenden Menschen. Daher sollte alles getan werden, um diesem zu ermöglichen zu leben.
Dr. Wolfgang Hämmerle, Lustenau