EU und immerwährende Neutralität

Leserbriefe / 08.01.2025 • 19:58 Uhr

Dreißig Jahre nach der EU-Mitgliedschaft Österreichs ist die Frage der Neutralität noch immer aktuell. Der EU-Beitritt erfolgte ohne Neutralitätsvorbehalt und auch im Beitrittsvertrag wurde die immerwährende Neutralität Österreichs nicht erwähnt. Das Neutralitätsgesetz verpflichtet Österreich, die Neutralität zu verteidigen, keinem militärischen Bündnis beizutreten und keine ausländischen Militärstützpunkte zuzulassen. Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU bleibt wenig Raum für eine Neutralitätspolitik. Der EU-Vertrag enthält auch eine Verpflichtung für alle Mitglieder, im Falle eines Angriffs auf einen von ihnen die erforderliche Hilfe zu leisten. Österreich ist zwar formaljuristisch durch eine Klausel von einer Verpflichtung zur militärischen Unterstützung anderer Staaten ausgenommen, was aber wiederum im Widerspruch zur erwarteten Solidarität innerhalb der EU steht. Bemerkenswert ist, dass alle anderen EU-Staaten, Österreich im Falle eines Angriffs militärisch unterstützen müssen. Wird Österreich im Rahmen von Kampfhandlungen zum Kriegsschauplatz, endet die Neutralität automatisch. Aus völkerrechtlicher Sicht sind die Auswirkungen des EU-Beitritts Österreichs auf die immerwährende Neutralität noch nicht restlos geklärt. Krisen in Europa können zu Spannungen zwischen Solidarität und Neutralität führen.

Kurt Gärtner, Wels