Von hundert auf null

Wie eine erfolgreiche Unternehmerin aufgrund ihrer Krankheit ihre Existenz verlor.
Schwarzach. Das Leben schreibt nicht immer nur schöne Geschichten. Oftmals wird man mit unglaublichen Schicksalsschlägen konfrontiert. Und das ohne Vorwarnung. Eine Vorarlbergerin hat das erlebt, wie sie im Gespräch mit den VN erzählt. In ihrem Fall durch die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Die Unternehmerin, die ihr ganzes Leben auf eigenen Füßen stand, wurde so von heute auf morgen aus ihrem alten Leben herausgerissen.
In ihrem alten Leben war sie eine erfolgreiche Unternehmerin. Spezialisiert auf bestimmte Nischen, hatte sie sich über die Jahre großes Know-how und einen Kundenstock aufgebaut. Ihre Tätigkeit stemmte sie alleine, als klassisches Ein-Personen-Unternehmen. Deswegen war es für sie auch keine Option, für die Dauer ihrer Erkrankung eine Betriebshelferin einzustellen. „In meinem Berufsfeld ist es unrealistisch, jemanden zu finden, der mich so schnell ersetzen kann. Ich habe lange überlegt, aber mir ist niemand eingefallen, der das machen könnte“, sagt sie. Was darauf folgte, war die bittere Konsequenz. „Mein Geschäft ist von einem Tag auf den anderen zusammengebrochen.“ Von 100 auf 0 in kürzester Zeit. Auch finanziell.
20 Wochen Krankengeld
Zwar hatte sie ab dem 43. Tag Anspruch auf Krankengeld und das für die Dauer von maximal 20 Wochen. 27,73 Euro sind das am Tag. Zum Leben reicht das kaum, zieht man die ganzen laufenden Kosten ab. Und dann flatterten noch die Restvorschreibungen ins Haus. Einige hundert Euro für das dritte Quartal, noch mehr für das vierte. „Das klingt zunächst nicht viel, aber wenn man kein Einkommen hat, sind das riesige Ausgaben.“
Und dann endete der Anspruch auf Krankengeld.
Wären da ihre Eltern nicht gewesen und ein verständnisvoller Banker, wäre sie innerhalb eines Monats auf der Straße gestanden. Für jemanden, der zeit seines Lebens den Lebensunterhalt immer selbst bestritten hat, ein Schock. Und man könnte auch meinen, dass jemand, der Bekanntschaft mit einer so schwerwiegenden Krankheit macht, schon genug mit sich selber und seinem Körper zu kämpfen hat.
Mit der SVA konnte sie sich zumindest auf eine Ratenzahlung einigen. Wobei sie noch nicht weiß, wovon sie diese Raten überhaupt bezahlen soll. „Ich bin in einer völlig anderen Realität gelandet“, bringt sie ihre Situation auf den Punkt. Sie lebe von ihren Eltern und habe alles auf ein Minimum zurückgeschraubt. Und das obwohl sie nie auf großem Fuß gelebt habe. Doch damit will sie sich nicht zufriedengeben. Aus der Not heraus wird sie wieder anfangen zu arbeiten. Obwohl sie sich unter anderen Umständen noch mehr Zeit für ihre Genesung geben würde. Wie es auch einem Angestellten in derselben Situation zugestanden wird. In ihrem Fall aber zwinge einen das bestehende System dazu wieder zu arbeiten, obwohl man krank ist. Leicht wird der berufliche Neuanfang nicht, schließlich sind viele Monate vergangen. Aber letztlich sind ihr Mut und ihr Optimismus die richtigen Begleiter dafür.
Die Diskussion um die soziale Absicherung der Ein-Personen-Unternehmen (EPU) verfolgt sie intensiv. Für sie existiert ein soziales Auffangnetz aber nicht. „Die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld ist zu kurz. Nicht bei einem gebrochenen Fuß, aber gerade bei einer langwierigen, lebensbedrohlichen Krankheit. Da ist das Auffangnetz unrealistisch.“
„Bleibe Unternehmerin“
Eine private Betriebsunterbrechungsversicherung oder Zusatzversicherung würde helfen, wenn man sie hätte. „Das hätte ich abschließen sollen“, sagt sie, auch als Ratschlag für andere EPU. Die Überbrückungshilfe, wie sie jüngst vorgestellt wurde, sei zwar nur ein kleiner Teil, aber immerhin. Beirren lässt sie sich nicht. Nicht nach allem, was hinter ihr liegt. Die Ärzte haben ihr bei der Diagnose nur noch wenige Monate zu leben gegeben. Vergangen sind mittlerweile schon um einige mehr, und eines ist für sie trotz ihrer Lage klar: „Ich war und werde immer Unternehmerin bleiben.“