Perspektiven für Hochqualifizierte
Was für ein Irrtum. Österreich mag zwar ein Land sein, in dem der Aufenthalt für viele erstrebenswert ist. Doch lange nicht für alle, wie nun eine Auswertung der Daten der Statistik Austria zeigt. Und es sind nicht die schlechtesten, für die Österreich nicht die erste Adresse ist.
„Braindrain“ heißt neudeutsch die Abwanderung von
Akademikern und anderen sehr gut ausgebildeten Menschen. Und die ist in Österreich höher als in vielen anderen Ländern, wie die nackten Zahlen beweisen. Rund 25.000 Menschen ziehen jährlich aus der Alpenrepublik in die weite Welt. So großes Heimweh, dass sie wieder zurückkehren nach Österreich, haben aber nur 10.000 dieser Auswanderer. Was in der österreichischen Öffentlichkeit auf Erstaunen stößt, ist der Wirtschaft schon länger Anlass, nach wirksamen Gegenmitteln zu verlangen. Einmal abgesehen von den Investitionen, die verloren sind, lohnt sich eine Analyse der Gründe zur Auswanderung.
Vorarlberg hat mit dem „Braindrain“ schon seit vielen Jahren zu kämpfen, weil die eigene Universität fehlt. Viele der Studierenden denken gar nicht daran, in die Heimat zurückzukehren. Sie mehren dann zwar den guten Ruf der Vorarlberger, weil sie gescheit und arbeitsam sind, für den Arbeitsmarkt im Land sind sie allerdings verloren. Die Vorarlberger Wirtschaftsstandort-Gesellschaft versucht zumindest mit Netzwerktreffen für Vorarlberger Studierende in den österreichischen Universitätsstädten gegenzusteuern.
Es sind genau jene, die auch die Wirtschaft und die Lehre in Österreich dringend brauchen könnten, die hierzulande zu wenig Persepektiven für sich sehen: Naturwissenschaftler, Techniker, hochqualifizierte Spezialisten in verschiedensten Ressorts, die mit den Rahmenbedingungen hadern. Zum einen sind das die Löhne, die in Österreich durch die hohe Besteuerung im internationalen Vergleich verlieren, zum anderen ist das aber auch die fehlende gesellschaftliche Offenheit, die sie an ihrer Heimat bemängeln, die sie anderswo finden, es ist der politische Stillstand, der sich hier direkt am Arbeitsmarkt niederschlägt.
Das zeigt sich an einer anderen Zahl in dieser Studie: Von den ausländischen Studenten, die in Österreich ihre Ausbildung machen, lässt sich nur ein Fünftel davon überzeugen, hier zu bleiben. 80 Prozent verlassen das Land. Auch und gerade weil die Hürden so hoch sind, die sie nehmen müssen, um nach abgeschlossener Ausbildung tatsächlich auch in unserem Land arbeiten zu können.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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