Betriebsanleitung mit Lücken
Gebrauchsanleitungen haben so ihre Tücken. Gedacht sind sie für Menschen, die in der Sache nicht firm sind. Die nicht wissen, wie die Waschmaschine in Gang gesetzt wird, die sich ärgern, wenn die Programme am neuen Fernseher nicht am richtigen Platz sind, den sie gewohnt sind. Gebrauchsanweisungen gibt es aber auch für Firmen, die ihre Zukunftsstrategien in schöne Broschüren drucken und hoffen, damit die Mitarbeiter und Geschäftspartner anzuleiten und zu beeindrucken. Und ein Manual gibt es auch für Wirtschaftsstandorte.
Vorarlberg hat seine Betriebsanleitung unter dem Titel „Wirtschaftsleitbild 2010+“ bereits seit Jahren in Gebrauch, und man kann sich leicht vorstellen, dass alle mit der Materie befassten Beamten und ihre Kollegen in den Amtsstuben der Rathäuser ihr Exemplar pflichtbewusst zu Rate ziehen, um der Wirtschaft den Boden zu bereiten, damit wir Exportweltmeister bleiben, die beste Ausbildung haben und für jeden Vorarlberger ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Jedenfalls alles, was das Land tun kann. Nun wurde diese Gebrauchsanweisung upgedatet und „geschärft“, was allzu schwammig formuliert war. Jetzt ist klar: Vorarlberg wird seinen Fokus auf die Fachkräftegewinnung legen, man wird noch mehr tun für die Forschung und Entwicklung. Und ja: Die Infrastruktur wird ausgebaut, damit die vielen schönen Produkte aus dem Land auch in alle Welt gelangen: virtuell wie real.
Diese Vorhaben kennen Sie bereits? Die waren auch schon bei der letzten Präsentation des Leitbildes im Fokus der Autoren? Das mag einerseits zeigen, dass die Fachleute, die an dem Papier mitgearbeitet haben, nachhaltig planen. Oder dass man in guter Vorarlberger Manier realistisch bleibt und lieber kleine Schritte macht, statt bei zu großen Schritten zu stolpern. Und es mag auch der Bilanz geschuldet sein, die dem neuen Leitbild vorangestellt ist. Denn gut drei Viertel der Vorhaben seien umgesetzt, verkündeten Regierung und Interessenvertretung stolz.
Das, was den Unternehmen zunehmend den Standort vergällt, liegt ja nicht im Einflussbereich des Landes: Die Bürokratie ist Ausgeburt Wiens und Brüssels, die hohen Steuern ebenfalls. Erst recht die Vorschriften, die Geld und Konkurrenzfähigkeit kosten. Aber genau das sind die Themen, die man mit föderalem Selbstverständnis anpacken muss. Sonst wird sich das nächste Leitbild womöglich damit beschäftigen müssen, wie man überhaupt jemanden für das Unternehmertum begeistern kann.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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