“Den Standort zu halten ist ein Problem”

(2. v. r.), GF Matthias Burtscher (2.v.l.) mit VN-Redakteuren.
Foto: VN/Hartinger
IV-Präsident Kapsch über notwendige Reformen und was andere Länder besser machen.
Schwarzach. (VN-reh, sca) Georg Kapsch ist ein Freund der klaren Worte und so fällt sein Urteil für den Standort Österreich sehr deutlich aus. Nicht umsonst drohen etliche Industriebetriebe mit Abwanderung. „Wir haben jahrelang versucht mit Argumenten darauf hinzuweisen, was man tun müsste. Daher kann man uns jetzt nicht unterstellen, dass wir Panikmache betreiben. Wir wissen nur nicht mehr, wir wir klarmachen sollen, dass wir im internationalen Vergleich in allen Rankings verlieren“, verdeutlicht Kapsch. Es sei ein echtes Problem, den Standort zu halten. „Wir tun alles um hier zu bleiben. Das wird uns nicht leicht gemacht. Aber wenn es nicht gelingt, ist nicht die Regierung schuld, sondern wir.“ Dabei wird die Kritik an der Wirtschaftspolitik der Regierung seitens der IV immer lauter, und das nach Jahren der sozialpartnerschaftlichen Lösungen. „Die Frage ist, ob wir uns durch das Mauscheln nicht in eine Situation begeben haben, aus der wir nicht herauskommen. Gerade in den letzten Jahren hat die Gesprächsbereitschaft nachgelassen“, so Kapsch. Die Sozialpartnerschaft funktioniere so nicht mehr. Man müsse ab und an in den Konflikt gehen, um einen Konsens zu bekommen. Dieses „ich gebe dir das und du mir dafür das“ bringe kein Ergebnis.
Von anderen lernen
Bürokratieabbau heißt die Schlagrichtung der Industriellenvereinigung. Da könne man sich von anderen viel abschauen. „Die Schweiz ist weniger bürokratisch, hat eine billigere Verwaltung, ein besseres Bildungssystem und die Menschen zahlen wesentlich weniger Steuern. Schweden hat eine Staatsverschuldung von nur 37 Prozent, ist innovativer, hat sein Pensionssystem in den Griff bekommen und reduziert laufend die Steuer- und Abgabenquote“, bemerkt der Präsident. In Österreich brauche es weniger Regulierung, dafür neue Arbeitsmodelle, mehr Freiheit für Unternehmen sowie bessere Finanzierungsmöglichkeiten für KMU. Sicher bräuchten große Dinge ihre Zeit, aber man müsse eben einmal beginnen. Und die Reformen lägen ja schließlich fixfertig in der Schublade. Vieles scheitere an der hohen Staatsverschuldung. Der Ansatz der IV heißt Einsparen. „Würde es uns gelingen, nur so viele Menschen in die Kohorte der 50- bis 64-Jährigen zu bringen wie in Deutschland, würden wir uns sieben Milliarden an Pensionszuschuss sparen“, gibt er ein Beispiel.
Auch von der Bildungspolitik erwartet er sich viel: Mehr Bundeskompetenz, weil die „Verländerung“ die Kosten hebe, mehr Ganztagesschulen. Kapsch plädiert zudem für eine Bildungspflicht anstelle der Schulpflicht. „Der eine erreicht das Bildungsziel nach sieben Jahren, der andere braucht zwölf Jahre. Das ist gut, denn alles was wir jetzt nicht investieren, zahlen wir später über das AMS vielfach und produzieren unglückliche Menschen.“
Die Einkommenskurve muss deutlich flacher werden.
Georg Kapsch