„Die innere Unruhe ist bei uns beiden da“

Dornbirn. Edith und Remo Klinger kann man getrost als „Power-Paar“ bezeichnen. Angefangen mit einem Geschäft in Bizau, wurde gestern der ediths-Standort für Wohnaccessoires und Lifestyle-Artikel in Dornbirn eröffnet. Im Interview sprechen sie über innere Unruhe, Expansion, und was sie vom Mitbewerb unterscheidet.
Sie haben das „Geschenk- und Handarbeitsstüble“ ihrer Eltern gehörig umgekrempelt. Hat man da als Jungunternehmerin keine Ängste, dass das schiefgehen könnte?
Edith Klinger: Angst hatte ich keine, weil ich für mich eine Existenz gründen wollte. Also gab es nur die Option: Vollgas oder Bleibenlassen.
Bizau liegt nicht gerade am Weg für viele Kunden. Wie schafften Sie es, die Kundschaft zu interessieren?
E. Klinger: Ich hatte das Glück, dass dort schon ein Geschäft war, das funktioniert hat. Der Großteil war sicher Mundpropaganda. Ich habe mit einem Lehrling angefangen und nicht daran gedacht, größer zu werden. Das hat sich erst nach und nach ergeben. Ich habe dann zu Remo gesagt, komm doch auch ins Geschäft. Aber er hatte anfangs Zweifel.
Remo Klinger: Ich habe gesagt, das ist sicher witzig, das erste halbe Jahr nur 50 Prozent zu arbeiten, aber irgendwann brauche ich einen Job, der mich ganztags beschäftigt. Mit der damaligen Größe des Geschäfts hätten wir das zu zweit nicht machen können.
2009 erfolgte der große Umbau…
E. Klinger: Wir haben einen Architekten kontaktiert, dann ging es Schlag auf Schlag.
Sie kommen ja eigentlich aus der Holzbaubranche, ein völlig anderes Metier. Wie war der Umstieg für Sie?
R. Klinger: Meine Mutter hat einmal zu mir gesagt: Dass du selbstständig wirst, war mir klar, aber nicht mit was. Für mich war das Selbstständigsein immer mein Ziel. Klar gefällt mir auch das was wir verkaufen. Und verkaufen hat mir immer Spaß gemacht, da hat es also nicht viel Überlegung gebraucht.
E. Klinger: Die Büroarbeit liegt mir nicht so. Ich bin lieber im Verkauf. Nun macht Remo alles, was mit Finanzen, Mitarbeitern und Buchhaltung zu tun hat, und ich habe die schöne Arbeit.
Ist diese strikte Trennung der Aufgaben ein Erfolgsrezept für die Zusammenarbeit?
R. Klinger: Wir haben keine großen Probleme, aber wenn was ist, dann weil man sich im Bereich des anderen bewegt. Bei uns ist es die Ergänzung, die es ausmacht.
E. Klinger: Als mein Mann noch seinen alten Job hatte, hat jeder am Abend über seinen Tag geredet. Jetzt probieren wir, alles was mit dem Geschäft zu tun hat, bis zum Abend zu erledigen. So haben wir heute viel mehr Freizeit als früher.
Gestern erfolgte der nächste große Schritt, die Eröffnung des Standorts in Dornbirn. Ist da so eine Art innere Unruhe?
E. Klinger: Wegen der Existenz hätte das Geschäft in Bizau auch gereicht, wir haben dort einen guten Umsatz und ein Super-Team. Wir verdienen mit dem neuen Standort nicht mehr. Wir haben einfach Lust drauf und sind offen für alles. Remo ist mehr überlegt als ich, mehr Kalkulant. Ich sehe ihn als Sicherheit für den Betrieb.
R. Klinger: Ein Stück weit schon. Die innere Unruhe ist bei beiden da. Der Hauptgrund, dass wir das in Dornbirn machen konnten, war aber, dass in Bizau alles perfekt funktioniert.
Gibt es nicht die Befürchtung, dass man sich dadurch Kunden wegnimmt?
E. Klinger: Frauen ticken so, dass sie auch weit fahren, wenn sie etwas möchten. Das ist mit dem Bregenzerwald nicht anders. Wir wollen auch die Kunden abfangen, die vorher wegen einem Zehn-Euro-Geschenk nicht extra nach Bizau gefahren sind. Zudem sind wir in Dornbirn sehr schweiznah.
R. Klinger: Wir sehen Bizau als Ausflugsziel und haben deshalb keine Angst, dass wir uns kannibalisieren.
Ist damit die Expansion abgeschlossen?
R. Klinger: Es wird einen Standort in Götzis geben, aber wie der aussieht, wissen wir noch nicht.
In den letzten Jahren sind viele ähnliche Geschäfte entstanden. Was ist das Besondere am Konzept von ediths, wie unterscheiden Sie sich?
e. Klinger: Ich habe das Gefühl, es ist ein Kommen und Gehen. Das liegt oft daran, dass sich viele selbstständig machen, die noch nie im Verkauf waren. Man muss es durchziehen, konsequent dabei bleiben und die Energie über Jahre haben.
Wie haben Sie sich auf die Selbstständigkeit vorbereitet?
E. Klinger: Ich habe ein Jungunternehmerseminar gemacht. Das hat mir gut getan, denn ich dachte, ich weiß schon alles. Zu wenig Vorbereitung ist oft ein Stolperstein.
Der größte Teil der Produkte kommt aus Skandinavien. Woher kommt diese Leidenschaft?
e. Klinger: Wir sind viel in Skandinavien. Aber wenn ich zurück an die Kindheit denke, ist es Pippi Langstrumpf und die Villa Kunterbunt.
Wir kennen alle unsere Lieferanten persönlich. Das ist für uns ein ganz klarer Vorsprung.

Kennzahlen
reedit GmbH
» Gesellschafter: Edith und Remo Klinger, je 50 Prozent
» Geschäfte: Bizau (350 qm Verkauf auf drei Etagen), Dornbirn (500 qm).
» Mitarbeiter: 20 Mitarbeiter (10 in Vollzeit), 4 Lehrlinge
» Sortiment: Deko- und Geschenkartikel aus Stoff, Korb, Porzellan,Bücher, Schmuck, etc., Mode von Noa Noa, Café in Bizau, Antik-Möbel (80 Prozent aus Skandinavien).
Zur Person
Edith und Remo Klinger
Geschäftsführer und Gesellschafter der reedit GmbH, Standorte in Bizau und Dornbirn (Lustenauerstraße)
Geboren: 14. 6. 1974 (Remo), 31. 12. 1975 (Edith)
Ausbildung: Lehre im Einzelhandel (Edith); gelernter Zimmerer, Holzbau-Studium (Remo)
Laufbahn: Tätigkeit als Verkäuferin, 2006 Gründung von „ediths“ in Bizau (Edith); Tätigkeit als Holzbauingenieur, 2009 Einstieg als Geschäftsführer bei „ediths“ (Remo); 2010 gemeinsame Gründung der reedit GmbH
Familie: verheiratet, 1 Tochter (12)